Alle Beiträge von Sven Sorgenfrey

Unterbiberger Hofmusik: Stern über Biburg

Man konnte es gerade wieder in meiner zuständigen Dorfkapelle beobachten: Weihnachtsfeierlichkeiten und Musik gehen nicht immer eine harmonische Verbindung ein. Sei es, dass das Orgelvorspiel zum festlichen Gottesdienst eher an Hitlers Luftkrieg erinnert als der Einstimmung auf die Heilige Nacht dient, sei es, dass der Männerchor selbst bei „Stille Nacht“ noch „Wir fahren gegen Engelland“ durchklingen lässt: Nur manchmal streift bei solchen Anlässen das musikalisch Gemeinte tatsächlich das Musikalische. Auch die Weihnachts-CDs, die die Musikindustrie im Übermaß pünktlich zum kollektiven Konsumrausch raushaut, machen da keine Ausnahme. Sie scheinen ihre Existenz nur dem schönen Brauch des Schrottwichtelns zu verdanken. Aber es gibt auch seltene Ausnahmen. Unterbiberger Hofmusik: Stern über Biburg weiterlesen

Eric Clapton: Crossroads Guitar Festival 2013

Crossroads2013_DVD_Cover-px400Wenn der Meister ruft, dann kommen seine Kollegen gern. Nach 2004, 2007 und 2010 lud E.C. am 12. und 13. April dieses Jahres erneut zum Crossroads Eric Clapton Guitar Festival in den Madison Square Garden in New York City. Mit dabei u.a.: Albert Lee, Buddy Guy, Keith Richards, Taj Mahal, Robert Cray und B.B. King. Ein beeindruckendes Aufgebot. Clapton hat das Konzept selbst einmal so beschrieben: Freunde und Zeitgenossen treffen sich, bringen ihre Gitarren mit, haben Spaß auf der Bühne, zahlendes Publikum begeistert sich daran – und das alles Eric Clapton: Crossroads Guitar Festival 2013 weiterlesen

Kenny Garrett: Pushing The World Away

Kenny Garrett - Pushing The World Away (Cover)Manchmal muss man den Alltag, die Anforderungen von allen Seiten aus dem Weg räumen, um zum Wesentlichen vorzudringen. Kenny Garrett hat sich für sein aktuelles Album „Pushing The World Away“ die notwendige Zeit genommen, um seinen Reifungsprozess als Komponist und Bandleader fortzusetzen. Er gibt den Stücken Raum, sich zu entwickeln, und führt sich und seine Mitmusiker klug und behutsam durch fein ausgedachte Dramaturgien. Dabei achtet Garrett darauf, dass alle Beteiligten ihren ausbalancierten Platz im musikalischen Geschehen haben. Gleichzeitig Kenny Garrett: Pushing The World Away weiterlesen

Make it funky! – Maceo Parker live in Hamburg

Schlag neun sitzt Will Boulware an seinen Keyboards und fängt schon mal an. Bruno Speight und Rodney “Skeet” Curtis, zwei Typen, die lückenlos einen Türrahmen ausfüllen, und Drummer Marcus Parker machen dann auch mal ein bisschen mit. Sutsche! Mit angezogener Handbremse. Dann, so will es das Ritual, kommt Maceos Managerin Natasha Maddison in Jacke und mit Handtasche auf die Bühne, zuppelt Maceos Mikrofon auf ihre Höhe herunter und sagt ihn mit britischem Akzent an, den Godfather of Funk, den „Funkiest Saxophone Player in the World“: Mr! Maceo! Parker! Make it funky! – Maceo Parker live in Hamburg weiterlesen

Magnus Öström: Searching For Jupiter

Das zweite Album Magnus Öströms nach dem Verlust von Esbjörn Svensson, in dessen Trio er trommelte und mit dem er seit seinem neunten Lebensjahr spielte, trägt den programmatischen Titel „Searching For Jupiter“. Man kann fast greifen: Es ist nach all der Zeit eine noch immer emotional wechselvolle Suche Öströms nach einem neuen Gravitationszentrum, nach einem Anker, nach Normalität.
Rhythmische Pattern stehen im Vordergrund, Schlagzeug, Bass und Klavier arbeiten kraftvoll Magnus Öström: Searching For Jupiter weiterlesen

Trio Elf: Amsterdam (live)

Trio Elf - Amsterdam (Cover)Klaviertrios sind oft ziemlich delikate Gebilde. Die kleine Besetzung erfordert nicht nur äußerste Präzision und Präsenz von den Musikern, sie legt ihnen auch eine kammermusikalische Intimität nahe. Das Trio Elf bricht fröhlich mit dieser Tradition. Die Drei experimentieren mit Klängen elektronischen Verfremdungen, mit Formen und Rhythmik.
Dabei aber hängen sie die Zuhörer nicht ab. Ganz im Gegenteil: Furios springen sie durch die Genres, grasen alle möglichen und unmöglichen Inspirationsquellen ab. Drum and Bass ist viel dabei. Zwischendurch aber Trio Elf: Amsterdam (live) weiterlesen

Gregory Porter: Liquid Spirit

Gregory Porter - Liquid Spirit (CD Cover)Die Sehnsucht nach dem Erlöser treibt ja schon immer die buntesten Blüten. Dazu gehört auch, dass die Musikgemeinde stets auf der Suche zu sein scheint nach der neuesten „Soulhoffnung“. Mit diesem Etikett wird gerade Gregory Porter durch die Promomühle getrieben, ein hühnenhafter Mann, der mysteriöserweise erst vor drei Jahren mit 39 aus dem Nichts auftauchte, stets seine Ohren bedeckt (keiner weiß warum), jede Menge Charisma besitzt und mit seinem kräftigen Bariton als Reinkarnation von Barry White aufgebaut wird. Gregory Porter: Liquid Spirit weiterlesen

„Das ist für uns wie Metal-Musik“ – Fjarill live

Ein warmer Spätsommerabend in Hamburg. Pendler eilen heimwärts, Touristen machen Überstunden und irren mit Papierstraßenkarten am Hafen entlang. Auf der Meile zwischen den Landungbrücken und Övelgönne liegt inmitten von Fischmärkten und Bugsierschiffen direkt am Wasser der Firmensitz des Labels Edel. Von hier aus hat man einen prachtvollen Blick auf die Elbe, Ladekräne und die marode Köhlbrandbrücke. Dumpfes Dröhnen von Schiffmotoren, Möwenschreie und das Kreischen von öldurstigen Seilwinden weht von Süden herüber. Hier also, im nüchternen Foyer neben den Fahrstühlen wollen die schwedischen Sangesfeen ihr neues Album „Tiden“ aus der Taufe heben.
Mit den ersten Klängen versetzen Aino Löwenmark und Hanmari Spiegel das Publikum in ihre verzauberte Welt. Ihre traumschönen Stimmen verwandeln jede Herzensregung in Wohlklang, in den man eintauchen möchte wie in ein Schaumbad. „Das ist für uns wie Metal-Musik“ – Fjarill live weiterlesen

Dombert’s Urban Jazz: 16/8

Dombert's Urban Jazz 16/8Städtische Kultur gilt landläufig als Voraussetzung von Jazzmusik. Wovon also grenzt sich „Urban Jazz“ ab? Gibt es pastoralen, maritimen oder alpinen Jazz? In post-postmodernen Zeiten will man das nicht ganz ausschließen. Die Frage aber, warum Andreas Dombert seine Band so nennt, ergibt sich beim Hören von selbst, denn diese Musik klingt einfach nach Großstadt. Und sie spiegelt einige Kernaspekte der Lebenswirklichkeit von Metropolen wider.
Das Konzept dieser Combo ist der Kontrast von Peter Sandners teils hörspielartigen Dombert’s Urban Jazz: 16/8 weiterlesen

John Scofield: Überjam Deux

Man könnte John Scofields Werk hören als ein Abarbeiten des Themenfelds, das er in seiner Zusammenarbeit mit Miles Davis abgesteckt hat. Diesmal sind dran: funkiger Groove und Reduktion aufs Wesentliche. Wartete das Album „Überjam“ (2002), auf das sich die aktuelle CD ostentativ bezieht, noch mit indischen Exotismen, reicher elektronischer Soundspielerei sowie Bass & Drum Anklängen auf, ist die Nr. 2 sehr reduziert und gradlinig. John Scofield: Überjam Deux weiterlesen

Omer Klein: To the Unknown

Omer Klein: To the UnknownTief im klassischen Klavierrepertoire verwurzelt, gehört der Pianist Omer Klein zur Avantgarde der israelischen Jazzmusiker, von denen viele diese spezielle Färbung von Harmonik und Melodik, einen Hang zu Traurigkeit und Selbstinonie und den Verweis auf die Romantik mit ihrem prominentesten Vertreter Avishai Cohen teilen. Der überaus begabte Komponist Klein sucht und findet auf dieser Basis Versuchsanordnungen, die ihn immer neue Gemeinsamkeiten, Gegensätze, und Ableitungen der zitierten Genres, unbekanntes Terrain entdecken lassen. Omer Klein: To the Unknown weiterlesen

15 Fragen an Omer Klein

Omer Klein © Malena Marquez
Omer Klein © Malena Marquez

Wovon haben Sie zuletzt geträumt?
Omer Klein: Es ist lustig, dass Sie fragen, denn ich habe letzte Woche geträumt, dass ich Juror in einer Musik-Casting-Fernsehshow war. Schräg, oder?

Welches Konzert oder Album hat Sie zum Jazz gebracht?
Ella und Oscar.

Wenn Sie eine Zeitreise unternehmen könnten, was wäre Ihr Ziel?
Hitlers und Stalins Eltern stören. 15 Fragen an Omer Klein weiterlesen

Arne Jansen: The Sleep of Reason (Ode to Goya)

Arne Jansen: The Sleep of ReasonJoe Pass hatte eine Gitarre. Die musste elektronisch verstärkt werden. Und dafür benutze er irgendeinen Verstärker, der gerade zur Hand war – er machte sich kaum die Mühe, an dessen Reglern zu drehen. Für seinen Zugang zur Musik passte das perfekt.
Es kann aber auch nicht schaden, sich ein wenig mehr um die klangliche Dimension der Musik zu kümmern. Das tun die allermeisten Stromgitarristen. Wenige so sehr mit Sinn und Verstand wie Arne Jansen. Er erschließt sich die Welt der Musik aus den Sounds, die er seiner Arne Jansen: The Sleep of Reason (Ode to Goya) weiterlesen

Joshua Redman: Walking Shadows

Joshua Redman: Walking ShadowsWenn man Jazz-Freunde mit einem Streichorchester konfrontiert, geraten nicht wenige von ihnen in Panik und geben ihrem Fluchtreflex nach. Schon Charlie Parker hat sich 1950 viele Sympathien mit „Bird with Strings“ verscherzt. Jazzmusiker indes sind froh, wenn sie im gepflegten Ambiente klassischer Konzerttempel auftreten dürfen – anstatt in stickigen Kellerbars gegen wenig konzentrierte Opfer des Verzehrzwangs gegenanspielen zu müssen. Wenn nun auch noch Joshua Redman symphonisch wird, der bei Vertretern der reinen Lehre Joshua Redman: Walking Shadows weiterlesen