„Kom hem“: Das versteht auch hierzulande jeder. Und doch mussten die beiden Hamburger Fjarill-Ladies erst in die Ferne reisen, um zu ihren musikalischen Wurzeln zurückzufinden – Aino Löwenmark daheim in Schweden, Hanmari Spiegel in Südafrika. Und auf einmal ist nun die stilistische Freiheit im Kopf wieder da, betört der Elfengesang ebenso wie der zarte Geigenklang und das klare Klavierspiel. Entdecken die Fjarill-„Schmetterlinge“ mit Gastmusikern die Spielräume der Töne neu. Vertraut – und doch ganz anders.
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Brad Mehldau: After Bach
Aller Musik-Anfang ist bekanntlich Bach, und so hat auch Brad Mehldau zur Abwechslung das Genre gewechselt und sich fünf Stücke aus dessen Wohltemperierten Klavier vorgenommen. Kann ein Jazzpianist machen, zumal einer von der Qualität des Norwegers, wie sein Spiel einmal mehr zeigt. Geschmackssache sind indes seine Improvisationen auf des Meisters Werke, schwanken die doch zwischen klug weitergedachten Harmonien und banalem Kitsch. Nicht jede Improvisation ist eben gleich auch große Kunst.
Tingvall Trio: Cirklar
Seiner Liebe zur melodischen Seite des Jazz bleibt Martin Tingvall auch auf diesem Album treu. Und so zieht der Schwede Kreise („Cirklar“) der Klangschönheit, lässt mit seinen Mitstreitern Bassist Omar Rodriguez Calvo und Drummer Jürgen Spiegel sein „Karusellen“ durch einen weiten Stilkosmos laufen. Mal sphärisch, mal beschwingt, mal schwermütig, mal schwelgend – stets aber facettenreich. Irgendwie rund und doch im Fluss. Eben wie ein unendlicher Kreislauf betörender Klänge.
Morten Kargaard Septet: Zealand
Zeit hat sich Morten Kargaard gelassen – reichlich Zeit. Fünf Jahre hat der Däne an „Zealand“ gewerkelt, und bisweilen dünkt es, als lausche das Septett noch immer den eigenen Klangerkundungen nach. Schließlich geht es ihnen darum, Brücken zu schlagen zwischen den Welten des Jazz und der Klassik, über persönliche Empfindungen neue Räume zu öffnen auf dieser Reise durch Orte und Erinnerungen. Mit Grüßen aus dem (Folk-)Norden und manch nicht nur melodisch neuem Eindruck.
Torun Eriksen: Grand White Silk
Gelassen und gleichzeitig funky – so wünscht man sich die Tagesstimmung öfter mal. Mit Torun Eriksen ist das möglich: Ihr neues Album „Grand White Silk“ bietet eine tolle Mischung aus Relaxtem und Anregendem. Mal kommt sie frisch und jung daher, mal herbstlich-melancholisch, mit ganz viel Torun Eriksen: Grand White Silk weiterlesen
Silje Nergaard: Chain of Days
Das Jahr ist schon eine Reihe von Tagen alt und der Frühling bringt nun Silje Nergaard aufs Tapet mit ihrem 15. Album „Chain of Days“. Wie schon so oft ist nicht ganz klar: Ist es nun Jazz? Deshalb sag ich mal: ein Album von Pop und Jazz geprägt, dazu eine Prise Folk. Eins, das klingt. Und zwar genau richtig. Silje Nergaard: Chain of Days weiterlesen
Nils Petter Molvaer: Switch
Etwas Neues muss her – Nils Petter Molvaer will sich nicht festlegen lassen und „switched“ daher mal wieder in ein neues musikalisches Feld, testet neue Klänge. Zum Beispiel mit einer Pedal-Steel-Guitar und unglaublich viel Percussion. Nils Petter Molvaer: Switch weiterlesen
Viktoria Tolstoy & Jacob Karlzon: A Moment of Now
Pausen, hat Viktoria Tolstoy uns im Interview erzählt, Pausen seien für ihren Jazzgesang viel wichtiger als die Noten. Für den Zuhörer, um die oftmals seidenweichen, perlenden Klänge der Schwedin in ihrer ganzen Schönheit zu empfinden – für die 39-Jährige, um in sich hineinzuhorchen, wie der Song wohl weitergehen könnte. Was dann mal laut und aggressiv, mal sanft und verhalten klingen kann. „Alles eine Frage des Temperaments und des Moments“, meint die blonde Sängerin und ihre blauen Augen blitzen.
Und eben dieser Viktoria Tolstoy & Jacob Karlzon: A Moment of Now weiterlesen
Magnus Öström: Searching For Jupiter
Das zweite Album Magnus Öströms nach dem Verlust von Esbjörn Svensson, in dessen Trio er trommelte und mit dem er seit seinem neunten Lebensjahr spielte, trägt den programmatischen Titel „Searching For Jupiter“. Man kann fast greifen: Es ist nach all der Zeit eine noch immer emotional wechselvolle Suche Öströms nach einem neuen Gravitationszentrum, nach einem Anker, nach Normalität.
Rhythmische Pattern stehen im Vordergrund, Schlagzeug, Bass und Klavier arbeiten kraftvoll Magnus Öström: Searching For Jupiter weiterlesen
„Das ist für uns wie Metal-Musik“ – Fjarill live
Ein warmer Spätsommerabend in Hamburg. Pendler eilen heimwärts, Touristen machen Überstunden und irren mit Papierstraßenkarten am Hafen entlang. Auf der Meile zwischen den Landungbrücken und Övelgönne liegt inmitten von Fischmärkten und Bugsierschiffen direkt am Wasser der Firmensitz des Labels Edel. Von hier aus hat man einen prachtvollen Blick auf die Elbe, Ladekräne und die marode Köhlbrandbrücke. Dumpfes Dröhnen von Schiffmotoren, Möwenschreie und das Kreischen von öldurstigen Seilwinden weht von Süden herüber. Hier also, im nüchternen Foyer neben den Fahrstühlen wollen die schwedischen Sangesfeen ihr neues Album „Tiden“ aus der Taufe heben.
Mit den ersten Klängen versetzen Aino Löwenmark und Hanmari Spiegel das Publikum in ihre verzauberte Welt. Ihre traumschönen Stimmen verwandeln jede Herzensregung in Wohlklang, in den man eintauchen möchte wie in ein Schaumbad. „Das ist für uns wie Metal-Musik“ – Fjarill live weiterlesen
Viktoria Tolstoy: „Unser Zusammenspiel ist wie ein Liebesakt“
Natürlich, die Frage musste ja kommen. Viktoria Tolstoy lacht. „Wir sind einfach gut.“ So einfach ist das mit dem Geheimnis des skandinavischen Jazz’. Rigmor Gustafsson, Silje Nergaard, Rebekka Bakken, Caecilie Norby – die Liste der erfolgreichen Chanteusen aus dem melancholischen Norden ist lang. Und die der männlichen Kollegen noch länger: Nils Landgren, Lars Danielsson, Jan Lundgren, Ulf Wakenius, Bugge Wesseltoft – die dafür aber längst nicht so hübsch sind. Eine Anmerkung, die die blonde Frau mit den langen Beinen und den noch längeren Haaren dann doch ein wenig in Verlegenheit bringt – und sich im Interview mit Christoph Forsthoff um eine seriöse Erklärung bemühen lässt. Viktoria Tolstoy: „Unser Zusammenspiel ist wie ein Liebesakt“ weiterlesen
Malene Mortensen: You Go To My Head
Skandinavien bietet den Jazzfreunden ständig Neues – die dänische Sängerin Malene Mortensen hat allerdings in deren Herzen schon länger einen Platz. Ihr sechstes Album „you go to my head“ soll diesen Platz verteidigen. Zwar ist es weniger gefällig als ihr Erfolgsalbum „Agony & Ecstasy“, beeindruckt jedoch durch konzeptionelle Geschlossenheit. Mortensen mixt Jazz-Standards und eigene Stücke – in bester Manier mit ihrer fabelhaften Live-Band, mit der sie zuletzt europaweit über 150 Malene Mortensen: You Go To My Head weiterlesen
Lena Swanberg: The Art of Staying Young and Unhurt
Ein Jazzdebut mit einer nordischen Elfe auf dem Cover weckt Erwartungen. Mit ihren zehn Eigenkompositionen jedoch bietet die 29-jährige Lena Swanberg viel Unerwartetes. Unterstützt von einer Reihe guter Musiker entführt sie leichtfüßig und gefühlvoll dahin, wo sich Jazz, Pop und Blues schon mal verwirbeln. Swanbergs Stimme changiert dabei von anrührend bis geheimnisvoll, von fernwehgetränkt bis romantisch-melancholisch, immer aber relaxt und smooth. Ihr Lebensweg führte sie vom Lena Swanberg: The Art of Staying Young and Unhurt weiterlesen
Matthias Eick: The Door
Man kann Jan Garbarek nicht allein für die Musik seiner Landsleute verantwortlich machen. Es muss auch an Norwegen selbst liegen: Die karge Landschaft, dunkle Winter, fiese Trolle – all das scheint eingeflossen zu sein in Eicks düsteres Erstlingswerk. Dessen Stimmung ist so abgrundtief traurig, dass man sie ohne Einnahme von Antidepressiva lieber nicht hören sollte. Das Tempo der Stücke variiert zwischen langsam und extrem langsam. Mit strenger Verpflichtung auf gepflegten Wohlklang trägt Eick auf seiner Trompete elegische Melodien mit hohem Mitsummfaktor vor. Jon Balke mischt am Klavier atmosphärische Tupfer bei. Während beide sich in schönen Klangwelten ergehen, kämpfen Bass und Schlagzeug engagiert, aber vergeblich um ein wenig Drive. Sven Sorgenfrey (31.07.2008)
Label: ECM