Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass jeder, der als innovativ gelten möchte, harmonische Anleihen in der Mongolei macht, melodische Inspiration beim Klezmer sucht, während er, kontrapunktisch tief in der Renaissance verwurzelt, zu hämmernden Technobeats nach korsischem Liedgut auf einer elektronisch verfremdeten Okarina improvisiert. Meeting Point verweigern sich derlei Eskapismus. Das Quintett spielt erfrischend geradlinigen traditionellen Jazz – mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, aber leicht, mit virtuosen Improvisationen, aber uneitel, intellektuell anspruchsvoll, aber emotional dicht. Das erinnert gelegentlich an das Zusammenspiel von Wayne Shorter, Freddie Hubbard und Cedar Walton. Und wenn man ganz genau hinhört, erkennt man die russischen Wurzeln des Pianisten. Sven Sorgenfrey (23.11.2009)
Label: Challenge
Mit seinen 56 Jahren gilt Tenorsaxophonist Joe Lovano schon als Elder Statesman des Jazz. Und das in erster Linie deshalb, weil er seinen Stil stets innerhalb des Genres weiterentwickelt hat – unangekränkelt von den Versuchungen elektropoppiger Exkursionen. Us Five heißt sein jüngstes Projekt, in dem er sich Inspiration holt von vier jüngeren Musikern: einem Pianisten, einem Bassisten und zwei Schlagzeugern, deren Temperamente sich prima ergänzen. Lovano rückt seinen Eigenkompositionen mit Tenor- und Altsaxophon zu Leibe und bedient sich zudem einer Altklarinette sowie des exotischen Taragots und eines mehrstimmigen Aulochroms. In den Stücken wechselt er gern die Besetzung von Duo bis Quintett und legt eine Spiel- und Experimentierfreude vor, die seine Band ebenso ansteckt wie die Zuhörer. Sven Sorgenfrey (18.5.2009)
Label: Blue Note/EMI
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