Der US-Amerikaner Justin Clark hat sich für ein Instrument entschieden, das bei den meisten von uns wohl nicht in den Top 30 landet, wenn es um die musikalische Erziehung der Kinder geht: die Bassposaune. Das hat – im scharfen Kontrast Justin Clark: Permanent Transience weiterlesen
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David Helbocks Random Control: Think of Two
David Heldbock machte sich erstmals vor acht Jahren mit dem HDV-Trio außerhalb der österreichischen Provinz sichtbar. Nun ist er in der Piefkemetropole Berlin angekommen und hat definitiv einen neuen Aggregatzustand seiner Musik erreicht. David Helbocks Random Control: Think of Two weiterlesen
Emile Parisien Quartet: Chien Guêpe
Das Quartett um den Saxofonisten Emile Parisien beackert ausschließlich eine musikalische Region, in welche die meisten Musiker nur in besonders freien Momenten vordringen, die sie dann aber oft schüchtern wieder verlassen. Dies ist aber genau der Bereich, in denen die Franzosen lustvoll ausschweifende Expeditionen unternehmen.
Vieles in ihren Kompositionen ist genau kalkuliert und festgelegt: der Ablauf der Geschichte, die Dramaturgie, Emile Parisien Quartet: Chien Guêpe weiterlesen
Michael Riessler: Big Circle
Die individuelle Musiksprache und die ausgeklügelten Improvisationsmodelle des Klarinettisten und Saxophonisten Michael Riessler sind zwar nicht leicht zu konsumieren – aber ungeheuer spannend und mitreißend. So funktioniert die Dynamik dieses Albums nach dem Prinzip der Drehorgel: Entweder ist ein Ton da oder nicht. Deshalb gibt es nur eine Lautstärke: forte. Ein entfesselter Schlagzeuger peitscht das Michael Riessler: Big Circle weiterlesen
Henry Threadgill: This Brings Us to (Volume II)
Jazz für Fortgeschrittene: Mit seinen 66 Jahren lässt sich Henry Threadgill nicht mehr rumschubsen. Der Knochenmühle der Endloskette von Tourneen und Alben kann er sich endlich entziehen. Aber altersmilde ist er darüber nicht geworden. Mit dem aktuellen Longplayer geht er seinen Weg konsequent weiter. Er vereint serielle Konzepte neutönender Komponisten wie Arnold Schönberg mit mehrschichtigen afrokubanischen Rhythmen und der afroamerikanischen Blues-, Soul- und Jazztradition. Als Klangkörper dient ihm seine seit Jahren aufeinander eingespielte Band Zooid, in der er selbst Altsaxofon und Flöte spielt. So wenig eingängig die Musik ist, so stark fesselt sie den Geist sofort – und das Herz beim dritten Hören. Es lohnt sich, die Einstiegshürde zu dieser CD mutig zu überwinden. Sven Sorgenfrey (12.12.2010)
Label: PI Recordings
Steve Coleman: Harvesting Semblances and Affinities
Man kann Steve Coleman nicht vorwerfen, er schmisse sich mit plattem Kuscheljazz an sein Publikum ran. Der Saxofonist, Komponist und Bandleader will mit diesem Konzeptalbum zeitliche Eindrücke musikalisch umsetzen. Mit seiner legendären Band „Five Elements“ knüpft er komplexe Bedeutungs- und Klanggewebe, schafft stetig changierende puzzleartige Strukturen in Melodik, Harmonik, Rhythmus und Aufbau. Die Sängerin Jen Shyu dient dabei als emotional anrührende Verdauungshilfe der durchaus kühl-intellektuellen und sperrigen Musik. Shyu agiert dabei genauso uneitel und ensembledienlich wie die renommierten Mitmusiker. Trotzdem muss man genau hinhören, damit sich die Qualitäten der Songs erschließen. Spätestens jedoch nach dem dritten Durchlauf macht dieses Album süchtig. Sven Sorgenfrey (29.8.2010)
Label: PI Recordings/Alive
Faust: C’est com… com… compliqué
So vertrackt, wie der Titel vorgibt, ist der Inhalt nicht. Denn die verschollen geglaubten Quastenflosser der deutschen Rockavantgarde pflegen hingebungsvoll ihr Gesinnungsbiotop: Sie halten sich an ihr bewährtes Rezept und schichten munter einfache Phrasen und Patterns übereinander, mischen noch einige Wörter dazu und vertrauen darauf, dass das Publikum darin Neues hört. Denn darum geht es Faust immer noch: Zuhören! Bedeutung!! In den zu Songs geronnenen Kettensägenmassakern brechen sie schon mal mit Tabus, die keine mehr sind; Lautstärke suggeriert Bedeutung, Lärm noch mehr Bedeutung. Dabei klauen Klangkonserven den Musikhelden die Wirkung. Live transportiert sich ihre manische Energie viel besser – wenn Jean-Hervé und Zappi vielleicht sogar nackt auf die Bühne springen. Sven Sorgenfrey (2.3.2009)
Label: Bureau B/Indigo