Wenn der Meister ruft, dann kommen seine Kollegen gern. Nach 2004, 2007 und 2010 lud E.C. am 12. und 13. April dieses Jahres erneut zum Crossroads Eric Clapton Guitar Festival in den Madison Square Garden in New York City. Mit dabei u.a.: Albert Lee, Buddy Guy, Keith Richards, Taj Mahal, Robert Cray und B.B. King. Ein beeindruckendes Aufgebot. Clapton hat das Konzept selbst einmal so beschrieben: Freunde und Zeitgenossen treffen sich, bringen ihre Gitarren mit, haben Spaß auf der Bühne, zahlendes Publikum begeistert sich daran – und das alles für einen guten Zweck: das Crossroads Drogenzentrum in Antigua.
Ein Fest also für Freunde der Stromgitarre. Auf dem DVD-Cover sind die Marken Martin & Co., Fender und Gibson groß abgebildet – ja, zweifellos handelt es sich auch um eine Leistungsschau der Gitarren-, Verstärker- und Effektgeräteindustrie. Wer in kurzer Zeit die ganze Bandbreite von High-End-Equipment in Aktion erleben will, ist hier genau richtig.
Und natürlich Nostalgiker, die die Heroen ihrer wilden Zeiten gern gepflegt und in Würde alternd erleben wollen. Die gebotene Kost ist bekannt, es sind keine Experimente zu befürchten.
Wenn fünf Gitarrespieler gleichzeitig losschrammeln, dann kann das gutgehen (Lay Down Sally). Aber es geschieht in manchen Stücken auch, dass alle gleichzeitig durcheinandergniedeln, bis jemand Erbarmen hat und gebieterisch die Schlussstrophe singt. Das erinnert zuweilen an Jam-Sessions, die ich mir in meiner Jugend habe zuschulden kommen lassen, sonnabendvormittags im „Drumcenter Bergedorf“: Man bediente sich an dem Equipment, das da so rumstand, und legte einfach los. Und wenn man nicht wusste, wie es weiterging, stellte einfach einer der Gitarrenspieler auf laut und gniedelte furchtbar rum, bis ihm nichts mehr einfiel und ein anderer für ihn weiterbriet. Nur dass Clapton und seine Kollegen einfach um Welten bessere Musiker sind und die Wahl der Akkorde beim Blues kaum Fragen aufkommen lässt.
Das alles kann man sich geschmeidig anhören, sehen muss man es eigentlich nicht. Denn bei Eric Clapton gilt es schon als Showeinlage, wenn er mit dem Kopf nickt, rhythmisch wippt oder von seiner Gitarre aufblickt und einen Mitmusiker anlächelt. Ein Momant aber hat Weltklasse: der milde, unendlich müde Blick von B.B. King, als bei „Every Day I Have The Blues“ der Ablauf ins Wackeln gerät.
Sven Sorgenfrey