Tief im klassischen Klavierrepertoire verwurzelt, gehört der Pianist Omer Klein zur Avantgarde der israelischen Jazzmusiker, von denen viele diese spezielle Färbung von Harmonik und Melodik, einen Hang zu Traurigkeit und Selbstinonie und den Verweis auf die Romantik mit ihrem prominentesten Vertreter Avishai Cohen teilen. Der überaus begabte Komponist Klein sucht und findet auf dieser Basis Versuchsanordnungen, die ihn immer neue Gemeinsamkeiten, Gegensätze, und Ableitungen der zitierten Genres, unbekanntes Terrain entdecken lassen. Omer Klein: To the Unknown weiterlesen
Archiv der Kategorie: CD-Tipps
Arne Jansen: The Sleep of Reason (Ode to Goya)
Joe Pass hatte eine Gitarre. Die musste elektronisch verstärkt werden. Und dafür benutze er irgendeinen Verstärker, der gerade zur Hand war – er machte sich kaum die Mühe, an dessen Reglern zu drehen. Für seinen Zugang zur Musik passte das perfekt.
Es kann aber auch nicht schaden, sich ein wenig mehr um die klangliche Dimension der Musik zu kümmern. Das tun die allermeisten Stromgitarristen. Wenige so sehr mit Sinn und Verstand wie Arne Jansen. Er erschließt sich die Welt der Musik aus den Sounds, die er seiner Arne Jansen: The Sleep of Reason (Ode to Goya) weiterlesen
Joshua Redman: Walking Shadows
Wenn man Jazz-Freunde mit einem Streichorchester konfrontiert, geraten nicht wenige von ihnen in Panik und geben ihrem Fluchtreflex nach. Schon Charlie Parker hat sich 1950 viele Sympathien mit „Bird with Strings“ verscherzt. Jazzmusiker indes sind froh, wenn sie im gepflegten Ambiente klassischer Konzerttempel auftreten dürfen – anstatt in stickigen Kellerbars gegen wenig konzentrierte Opfer des Verzehrzwangs gegenanspielen zu müssen. Wenn nun auch noch Joshua Redman symphonisch wird, der bei Vertretern der reinen Lehre Joshua Redman: Walking Shadows weiterlesen
Soneros de Verdad: Un, Dos, Tres Soneros
Fusion-Musik mag ja nicht jedermanns Sache sein, doch dem Sog des kubanischen Son, jener Mixtur aus den traditionellen Liedern der spanischen Kolonialherren und den Rhythmen afrokubanischer Sklaven, kann sich kaum einer entziehen. Luis Frank Arias, der Meister dieses melancholischen Stils, hat diese gefühlsgeladene Mischung nun noch um Jazz und Timba, Songo- und Danzón-Elemente erweitert – und doch pulsiert in jedem Moment hier das Lebensgefühl seiner (kubanischen) Heimat! Eben genau so, wie man es von diesen „Sängern der Wahrheit“ Soneros de Verdad: Un, Dos, Tres Soneros weiterlesen
Marius Neset: Birds
Kaum hat sich der norwegische Saxofonator Marius Neset ins Rampenlicht gestellt, schon genügt ihm das klassische Saxofonquartett nicht mehr. Auf seinem neuen Album reicht das Besetzungs-Spektrum vom exotischen Flöten-Saxofon-Percussion-Trio („Spring Dance“) bis zur Big-Band-Besetzung. Gelegentlich werden tontechnische Extravaganzen zu Hilfe genommen (wie etwa Einspielungen von gesprochener Spache in „Boxing“ oder verfremdende Soundeffekte in „Reprise“), die aber immer dramaturgisch begründet, geschmackvoll und dezent eingesetzt werden. Marius Neset: Birds weiterlesen
Nils Landgren Funk Unit: Teamwork
Teamwork: Wohl selten hat dieser gern benutzte Begriff in der Musik mehr Sinn gemacht als bei diesem Album. Nicht nur, dass der Meister der Jazz-Posaune einmal mehr satte, geschmackvoll instrumentierte Funknummern mit unwiderstehlichen Rhythmen liefert: Nein, Nils Landgren hat für dieses Album vorab eben das aufleben lassen, was den Jazz so einzigartig macht – stundenlange Jamsessions. Derart eingestimmt, hat der Schwede dann mit seiner Funk Unit die 13 Stücke eingespielt: Wundert es da, dass die Riffs weit mehr knacken als auf vielen andere Alben, die Nils Landgren Funk Unit: Teamwork weiterlesen
Markus Stockhausen and the Metropole Orkest
Er kann gar nicht anders. Wenn er Musik macht, dann muss er Grenzen übertreten, Hörgewohnheiten sprengen, experimentieren. Schon der Herkunft wegen. Doch wer Markus Stockhausen gerecht werden will, kann und darf ihn nicht auf seinen Vater reduzieren, die Neue-Musik-Ikone Karlheinz Stockhausen; der Sohn hat längst eigene Meriten erworben. Und gar nicht wenige, wenn man auf Preise und Veröffentlichungen schaut. Dieser Tage hat er zusammen mit dem niederländischen Metropole Orkest und deren Markus Stockhausen and the Metropole Orkest weiterlesen
Eliane Elias: I Thought About You (A Tribute to Chet Baker)
Eliane Elias hat sich für ihr jüngstes Album den West-Coast-Jazz des Sängers und Trompeters Chet Baker ausgesucht: bewährt, gediegen, relaxt. „I thougt about you“ vereint dabei nicht nur die ganz bekannten Nummern, sondern auch Songs, die man möglicherweise nicht sofort auf dem Zettel hat. Solche, die Raffinesse ebenso wie moderne Klassik versprechen, emotionale und stilvolle Momente verbinden. Dabei changiert Elias` Interpretation zwischen smooth-relaxt und intensiv, variiert von verspielt bis phantasievoll-lebendig, vereint Jazz-Material und Eliane Elias: I Thought About You (A Tribute to Chet Baker) weiterlesen
Henning Wolter Trio: Undercover Job
Sind das nur die heimlichen Träume eines vereinsamten Barpianisten, der gerne mal den Titelsong eines James-Bond-Films komponieren würde? Oder ist das richtiger Krimi-Jazz? So wie bei legendären Soundtracks von „Der Spion der aus der Kälte kam“ (Sol Kaplan) bis zu „Fahrstuhl zum Schaffott“ (Miles Davis). Oder zumindest Fake Jazz wie bei den Lounge Lizzards? Keine Ahnung – auf jeden Fall hat dieses Konzeptalbum relativ wenig mit Suspense-Soundtracks der Schwarzen Serie, der Nouvelle Vague oder ähnlichem zu tun. Deshalb wirkt die zur Henning Wolter Trio: Undercover Job weiterlesen
Dieter Ilg: Parsifal
Zwei Jahre nach seiner grandiosen Adaption von Verdis „Otello“ hat sich Dieter Ilg mit seinem Trio über „Parsifal“ hergemacht, das frömmelnde letzte musikdramatische Werk von Richard Wagner, dessen 200. Geburtstag wir in diesem Jahr kaum entgehen können. Wie nicht anders zu erwarten schöpft Dieter Ilg daraus nicht etwa einen verquasten Bühnenweihfestjazz, sondern er geht die Suche nach dem Heiligen Gral völlig unverkrampft und heiter an. Er befreit Wagners Motive von Schwulst, Pathos, Schwere und romantischem Kitsch, reduziert die der Oper Dieter Ilg: Parsifal weiterlesen
Madeleine Peyroux: The Blue Room
Schon frühere Alben der Amerikanerin Madeleine Peyroux klangen nach Südstaatenblues und smoothem Feierabend-Sound. Auch „The Blue Room“ kommt relaxt und loungig daher und erinnert an entspannte Salon-Atmosphäre. Doch diesmal leiht Peyroux ausschließlich fremder Musik ihre Stimme – Songs von Leonard Cohen, Randy Newman, Buddy Holly und anderen hat sie sich zusammengestellt: Jazz, Blues, Country, Pop. Eine bunte Mischung, die doch wie aus einem Guss wirkt. Vielleicht weil sich die Sängerin häufig stark zurücknimmt, ihren Madeleine Peyroux: The Blue Room weiterlesen
Nigel Kennedy: Recital
Vergessen wir einfach mal die übliche Kennedy-Verpackung: all das Gerede vom unorthodoxen Violinvirtuosen und Enfant terrible der Klassikszene, von der doch schon arg gelichteten Punkerfrisur oder seinen verbalen Ejakulationen. Dann ist diese Hommage an die Vorbilder seiner Jugend wie Stéphane Grappelli, Yehudi Menuhin oder Fats Waller ein gelungener und ziemlich entspannter Ausflug in den Jazz, der den guten alten Bach ebenso kontrastreich integriert wie zwei eigene Werke. Wo kongeniale Musiker wie Rolf Bussalb (Gitarre) Nigel Kennedy: Recital weiterlesen
Simon Spiess Trio: After All
Als Opener huschen elegische – fast episch – dahinschwebende Saxophonklänge aus den Lautsprechern. Dann übernimmt die Gitarre, drängelt sich widerborstig durch das Harmoniegestrüpp. Bei zwei Stücken schlüpft die Sängerin Julia Pellegrini mit sprunghaft gehauchten Phrasierungen in die Leadfunktion und versieht die Songs mit einem träumerisch entrückten Latintouch. Ein Talent scheint auch der impulsiv-virtuose Schlagzeuger Daniel Mudrack zu sein. Das Trio um den jungen Schweizer Saxophonisten Simon Spiess hat wirklich Simon Spiess Trio: After All weiterlesen
Youn Sun Nah: Lento
Die Südkoreanerin Youn Sun Nah gehört zu den Fleißigsten in der Branche. In den vergangenen Jahren legte sie Album auf Album vor, tourte durch Europa und Asien, fischte Preise mit dem Schleppnetz ab. Mit ihrem neuen Album zeigt sie nun erneut ihre Variabilität, ihre Klasse. Der CD-Titel „Lento“ – langsam – stimmt darauf ein: Der Reiz der neuen Veröffentlichung liegt fernab enervierender, treibender Sounds. Vielmehr überzeugt die Sängerin mit ruhigen, einfühlsamen Youn Sun Nah: Lento weiterlesen
Beady Belle: Cricklewood Broadway
Die toughe Lady auf dem Cover lässt straighten elektronischen Jazz erwarten. Dabei bewegt sich die norwegische Sängerin Beate S. Lech mit ihren Kollegen auf dem sechsten Album von Beady Bell stärker in Soul- und Funk-Gefilden als jemals zuvor auf vorangegangenen Veröffentlichungen“. Wo „Belvedere“ oder „At Welding Bridge“ leichtgängige Jazzarrangements mit einer Prise Country verbreiteten, blitzen hier nun Latin-Einsprengsel und R`n`B-Tüpfelchen oder Reggae-Lines neben Beady Belle: Cricklewood Broadway weiterlesen
