Aller Musik-Anfang ist bekanntlich Bach, und so hat auch Brad Mehldau zur Abwechslung das Genre gewechselt und sich fünf Stücke aus dessen Wohltemperierten Klavier vorgenommen. Kann ein Jazzpianist machen, zumal einer von der Qualität des Norwegers, wie sein Spiel einmal mehr zeigt. Geschmackssache sind indes seine Improvisationen auf des Meisters Werke, schwanken die doch zwischen klug weitergedachten Harmonien und banalem Kitsch. Nicht jede Improvisation ist eben gleich auch große Kunst.
Archiv der Kategorie: CD-Tipps
Chip Wickham: Shamal Wind
Vollblutjazzrocker Chip Wickham zeigt auf „Shamal Wind“ Musik wie eine Fata Morgana. Hier dominieren orchestrale Klangteppiche, in denen Saxophon und Querflöte mit dem Vibraphon um die Wette tanzen. Warum das Album in keiner guten Jazz-Sammlung fehlen sollte? Hier weiterlesen …
Avishai Cohen: 1970
Für die Besucher seines „1970“-Konzerts in Hamburg klingt der Mittwochabend wie ein Freitag: Avishai Cohen gibt zum Auftakt seines Konzertes Zeilen eines Ruhetags-Gebets wider. Was dann folgt ist die ruhige Gewissheit: „Das wird ein großartiger Abend.“
Cohen, der neben dem Bass Avishai Cohen: 1970 weiterlesen
Makiko Hirabayashi Trio: Where the Sea breaks
Miniaturen sind es manchmal nur,
denen sich dieses Trio hingibt – doch das voller (Hinter-)Sinn für
Überraschungen und Kontraste. Statt Schubladen öffnen die japanische Pianistin, Percussionistin Marilyn
Mazur und Bassist Klavs Hovman
immer neue Klang-Türen gen
(Fernen) Osten, zum Zirkus oder in melancholische Sphären. Improvisieren und vertiefen, mal sanft, mal hingebungsvoll, stets aber voller Hingabe und stilistischer
Offenheit. Was sogar noch Raum für ein Flügelhorn lässt.
Bette Smith: Jetlagger
Wow – diese Frau degradiert einen Tsunami zu einem lauen Lüftchen. Bette Smith hat eine Phrasierungstechnik, die sich vor Soul-Heroen von Etta James bis Otis Redding nicht verstecken muss – und verballert dermaßen viel Energie, dass sie ihre Zuhörer achtkantig aus den Latschen pustet. mehr…
Till Brönner, Dieter Ilg: Nightfall
Leonard Cohen, Bach und Rapper will.i.am von den Black Eyed Peas – diese Mischung lässt wohl nicht zuerst an Jazz denken. Doch genau deren Musik haben Trompeter Till Brönner und Bassist Dieter Ilg auf ihrer neuen CD zusammengeführt. Plus ein Schmankerl von Jazzer Ornette Coleman, Till Brönner, Dieter Ilg: Nightfall weiterlesen
Paier Valcic Quartet: Cinema Scenes
Einmal um den Globus: Klassik, Blue Notes, Tango – Akkordeonist Klaus Paier und Cellistin Anja Valcic um-kreisen seit bald einem Jahrzehnt (klang)farbenreich den Erdball. Da mag es verwundern, dass sich das Duo nun Verstärkung für seine jüngste Weltreise geholt hat. Und doch bringen Bass und Drums bislang unerhörte Facetten ins Spiel und lassen die (Melodie-)Eindrücke aus Kinoklassikern in ganz neuen Bildern aufleben. Mal versonnen, mal versponnen, mal voller Wucht – stets aber voller Gefühl.
Lisette Spinnler: Sound Between Falling Leaves
Zart, sensibel, sinnlich, schwermütig, spielerisch leicht, ein bisschen experimentell… – die neue CD von Lisette Spinnler bietet viele Facetten. Die Schweizerin versucht, den „Sound Between Falling Leaves“ einzufangen. Und man muss sagen: Es gelingt ihr ausnehmend gut. Lisette Spinnler: Sound Between Falling Leaves weiterlesen
Spring String Quartet: Best Ingredients
Aus- und aufbrechen, ausgetretene Pfade hinter sich lassen und nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten
suchen: Seit 20 Jahren mischen die vier Österreicher das Streichquartett-Genre auf. Mixen Klassik mit Metal, Jazz mit Rock und haben sich als schräge Querdenker profiliert. So auch in der „20th Anniversary Suite“, die im Zentrum dieses Spring String-Albums mit allerbesten Song-Zutaten von Jo Zawinul bis Tom Waits steht: eine Entdeckungsreise von Herz bis Hirn – lässig erfüllt von wildem, neuem Leben.
Matthieu Bordenave: Terre de Sienne
Nomen est omen: Grand Angle heißt das Quartett des Saxophonisten
Matthieu Bordenave – und in der Tat haben die vier Franzosen für dieses Album klangfarblich ein wahres „Weitwinkel“-Objektiv gewählt. Nicht nur, dass sie jedem der zwölf Stücke eine Farbe zuordnen, sie schauen über ihr Genre hinaus, wechseln die Perspektiven und schaffen sich Gestaltungs(frei)räume. Was die Farben in diesem Spiel ohne Grenzen aufleuchten lässt und
unsere Palette an Höreindrücken aufs Schillerndste erweitert.
Kinga Glyk: Dream
Eine 20-Jährige als neues Jazzwunder? Schon erstaunlich, wie Kinga Glyk allenthalben gefeiert wird – doch wer die Augen schließt und sich ihrem dritten (!) Album hingibt, hört schnell warum: Die polnische Bassistin versteht es Geschichten zu erzählen. Virtuos und doch zugleich leicht und unaufdringlich. Hat sich das Beste aus Jazzrock, Fusion und Modern Jazz vergangener Jahrzehnte abgelauscht und voller Spaß, Groove und Power mit eigenen Ideen versehen. Wahrlich ein Traum aus der Tiefe der Saiten!
Kenny Werner Trio: Animal Crackers
Vier knallige Snare-Schläge – und schon ist man mitten drin in diesem Album! Der erste Song („Ari“) startet programmatisch: Mehr Modern Jazz geht nicht! Sind John Lewis und George Russell wieder auferstanden? Kennen wir doch alles! Aber nein, wenn wir genauer hinhören, bemerken wir sofort: Kenny Werner hat eine ganz persönliche Handschrift. Hier ist kein seelenloser Kopist am Werk. Diese Musik lebt. Kenny Werner Trio: Animal Crackers weiterlesen
Curtis Harding: Face Your Fear
Also – wenn Retro-Soul sooooo gut gemacht ist, bin ich sofort auf 180. Und Curtis Harding ist ein wirklich außergewöhnliches Exemplar dieser Vintage-Spezies. Alleine wegen „Need Your Love“ auf seinem neuen Album „Face Your Fear“ gebührt dem schwarzen Sänger aus Atlanta, Georgia ein Ehrenplatz im Soul-Himmel – irgendwo in Sichtweite von Otis Redding, Wilson Picket und Arthur Connely: Ich höre diesen Song im Moment jeden Tag mindestens zehnmal. Okay, der junge Mann nimmt manchmal den Mund ziemlich voll. So erklärte Harding, der bei Cee Lo Green und Gnals Barkley in die Sound-Schule ging, anlässlich seines Debutalbums „Soul Power“: „Ich will nur Klassiker aufnehmen“. Schon gut, das haben wir verstanden. Und für jeden Song der mit „Need Your Love“ mithalten kann, rückt er ein bisschen näher an den Soul-Olymp. Sogar die Bibel aller Pop-Rock-Begeisterten, der „Rolling Stone“, prophezeite dem Sänger eine „große Zukunft“. Aber: Trotz zwei astreiner Alben und einer Wahnsinns-Single: eine Retro-Schwalbe macht noch keinen Soul-Sommer. Wir sind gespannt auf das, was noch kommt.
Willy Theobald
Label: Anti/Indigo
Matthias Schriefl: Europa
Gemuhe zum Einstieg? Muss man(n) erst einmal drauf kommen, doch wenn der Opener den Titel „Auf Wiener Schnitzel“ trägt, ist solch atonale Aufnahme aus dem Kuhstall nur konsequent. Und erzählt eine von acht ebenso humorvollen wie polystilistischen und -rhythmischen Song-Geschichten, mit denen Chef-Schlachter Schriefl durch die Welt(-Musik) wandert: mal makaber, mal harmonisch, mal morbide, mal vergnügungssteuerpflichtig. Stets aber voller Originalität und instrumentaler Klasse!
Gregory Porter: Nat King Cole & Me
Gregory Porter schenkt seinen Fans eine musikalische Freude für die Adventszeit. Der Mann aus Kalifornien singt Nat King Coles größte Hits. Ein schönes Vorweihnachts-Album, das Stress und Unlust durchaus mindern kann. Wer genau hinhört, erspürt den persönlichen Bezug, Gregory Porter: Nat King Cole & Me weiterlesen