Till Brönner, Dieter Ilg: Nightfall

Leonard Cohen, Bach und Rapper will.i.am von den Black Eyed Peas – diese Mischung lässt wohl nicht zuerst an Jazz denken. Doch genau deren Musik haben Trompeter Till Brönner und Bassist Dieter Ilg auf ihrer neuen CD zusammengeführt. Plus ein Schmankerl von Jazzer Ornette Coleman, ein Stück von Kirchenkomponist Melchior Vulpius, Musik von Bigband-Leader Johnny Green, ein Beatles-Titel und ein paar eigene Kompositionen.
„Eine wilde Mischung“, mag man im ersten Moment denken. Doch die unterschiedlichen Zeitalter, Komponisten und Stile – sie fallen nicht ins Gewicht. Denn Brönner und Ilg geben jedem einzelnen Titel ein eigenes, ungemein schmeichelndes, leuchtendes Gewand. Die Reduktion auf nur zwei Instrumente lässt den Zuhörer zudem leicht auf das Wesentliche fokussieren: das Entwickeln jedes Songs, der Dialog zwischen den Musikern, das Erzählen einer Geschichte. Es flirrt und brummt, es schwingt und treibt, es gellt und pocht… – Das Zusammenspiel von Brönner und Ilg wirkt fast symbiotisch, bei allem aber ungebunden und schwärmerisch.

Selbst Geräuschkulissen wie in „Wetterstein“ entstehen offenbar in intensivster Zweisamkeit, im Dialog. Und wenn die beiden in den nächsten Titel starten, dann summt man schon längst mit, bevor einem auffällt: „Ach das ist doch…“ Die beiden Musiker eröffnen neue Perspektiven auf längst Bekanntes und präsentieren ihr Werk in unglaublich strahlendem und dennoch fast schlichtem Gewand. Hier spielen zwei Könner, denen es gelingt, Brillanz und Leichtigkeit zu verbinden. Das bietet die Chance, den Neu-Versionen der bekannteren Titel ein Augenmerk zu schenken, bevor die reinen Klänge von Trompete und Bass im Gehörgang prickeln. Faszinierend.

Ich muss zugeben: Ich bin ein Fan, sowohl von Brönner, als auch von Ilg. Aber auch ohne diese Prädisposition wäre das für mich eine gelungene, spannende Silberscheibe. Sie vereint scheinbar weit auseinander Liegendes, formt Zeit zu Erlebnis (zu verschiedenen Tageszeiten in ganz unterschiedlicher Ausprägung) und lässt den Hörer entspannt und mit vielen Anregungen zurück.

So, und jetzt muss ich erst mal den Plattenschrank durchflöhen nach den Originalen von Bach und Cohen, Vulpius und Black Eyed Peas – und nach diesem Kontrastprogramm gibt’s noch mal die großartigen Versionen von Brönner und Ilg. Mindestens bis zum Einbruch der Dunkelheit – ganz dem Titel der CD entsprechend: „Nightfall“.
Sabine Meinert

Video:

Infos über: http://tillbroenner.de/nightfall/