Soul-Jazz gehört zu den konsumerabelsten Abteilungen der Jazzhistorie. Ohrwürmer von Joe Zawinuls unverwüstlichem „Mery, Mercy, Mercy“ bis Ben Tuckers „Comin` Home Baby“ werden immer wieder neu eingespielt oder gesampelt und erreichen regelmäßig hohe Chartpositionen – sogar von Rappern und HipHoppern. Soul Alliance – eine versierte Formation handwerklich solider Routiniers um den Alt-Saxophonisten Vincent Herring – versucht sich dankenswerter Weise nicht an den Evergreens des Genres, sondern liefert überwiegend eigenes Material. Die Kompositionen stammen meistens von Herring und dem schweizerisch-österreichischen Schlagzeuger Joiris Dudli. Herring spielte von Lionel Hampton über Dizzy Gillespie bis Nat Adderly mit fast allen, die im Jazz Rang und Namen hatten – und das färbte ab. Zwar brachte er es nie auf das Treppchen der ganz großen Musikheroen, ist aber ein solider Techniker mit viel Gespür für emotional ansprechende Harmonien.
So grooven die meisten Songs ziemlich konzentriert um zeitlose Melodiebögen, galoppieren aber immer wieder in Richtung Hardbop – einer der wichtigsten Inspirationsquellen des Soul Jazz. Diese Tendenz zum Seriösen nimmt der CD das anbiedernd Kommerzielle, das viele Produktionen des Genres zu seichter Fahrstuhlmusik degradiert. Hier wird nicht das 178igste Plagiat von „On Broadway“ komponiert – man hat eher das Gefühl Sonny Stitt oder Lou Donaldson standen Pate.
Sänger Sachal Vasandini, der schon mit Wynton Marsalis Lincoln Center Jazz Orchestra spielte und von Down Beat 2010 in der Kategorie „Rising Star“ Platz eins belegte, ist jedoch noch immer auf diesem Niveau: Einiges – wie das angenehm vibrierende „So Far Behind“ – klingt gut, einiges (z.B. „Here‘s my little girl“) beweist aber auch, dass dieser Stern noch nicht wirklich aufgegangen ist.
Ohne Fehl und Tadel liefert Organist Jared Gold genau das, was man in einer solchen Formation von einer Hammondorgel erwartet. Er kann grooven, aber auch sperrige Akkordauflösungen dazwischen hauen. Ähnliches gilt für den Gitarristen Freddie Bryant, dessen traditionelle Spielweise irgendwo zwischen Latin Jazz und George Benson ihn zu einem hervorragenden Sideman mit deutlichen Solistenambitionen macht.
Alle, die traditionsbewussten Soul Jazz mögen – dem nicht sämtliche Ecken und Kanten weg gebügelt wurden – sind mit dieser CD hervorragend bedient. Und wie die Europatour der Formation gerade zeigte: Live überzeugt das Quintett noch mehr!
Willy Theobald
Label: O-Tone Music/Edel