Los geht`s mit fetten Grooves und hammerharten Haudrauf-Rhythmen, die an Billy Cobhams Berserker-Fusionjazz aus der „Spectrum“-Ära erinnern. Doch schon nach wenigen Takten rutscht das Arrangement in die wohltemperierte Sphäre fein ziselierten Salonfunks. Dann folgt netter Souljazz dem die Sängerin Mey und der Multinstrumentalist Preach Freedom (was für ein Name) relaxten Loungecharakter – in einigen Fällen fast schon Fahrstuhlmusikflair – einhauchen. Ein Song wie „Uncle Roy“ mit dem immergrünen Refrain
„Everybody loves the sunshine“ samt seinem Vocodergedudel lädt heftig zum Träumen ein. Doch leider ist man, ehe man sich versieht, auch schon eingeschlafen.
Das fünfte Album des 52-jährigen Schlagzeugers Poogie Bell, der als virtuoser Sideman von Weltstars wie Marcus Miller oder Stanley Clarke gar nicht hoch genug zu loben ist, muss man leider als glatten Etikettenschwindel bezeichnen: Schon das nett designte Vintage-Cover, das auf eine völlig andere – extrem tanzbare – Musik hinweist, hat mit dem Adult-Jazzrock, des Sessiondrummers aus Pittsburgh, wenig gemeinsam.
Das ausschließlich eigene Material auf „Suga Top“ ist eine sommerfesttaugliche Spritztour durch Jazzrock, Fusion, Pop und 70er-Jahre R&B – klingt aber meistens solide. Leider unterscheidet sich dieses geländegängige Potpourri nicht wesentlich von gefühlten drei Millionen anderen Sidemen-Jazzalben, die in jedem gut sortierten Secondhandladen ungehört vor sich hinschimmeln. In spannenden Momenten fühlt man sich an Sade oder Paul Wellers Working Week erinnert. Dass man aber irgendeinen der ausnahmslos ambitioniert wohlklingenden Titel, ein weiteres Mal auflegen möchte – dieser Effekt stellt sich nie ein. Was fehlt. ist die zündende musikalische Idee, die handwerklich gut gemachte Musik zur genialen Inspiration veredelt.
Klar – Schlagzeuger haben es als Bandleader besonders schwer. Mit einem Rhythmusinstrument, das nur wenige unterschiedliche Klangfarben erzeugt, kann man meistens lediglich sachdienlich im Hintergrund arbeiten. Der abgenudelte Jazzerscherz – eine Band besteht aus mehreren Musikern und einem Schlagzeuger – darf also auch hier wieder sein hässliches Haupt heben. Aber: Trommelgenies wie Art Blackey, Elvin Jones, Gene Krupa, Buddy Rich, Max Roach, Billy Cobham etc. haben der Jazzwelt so einige unverzichtbare Soloalben hinterlassen.
Und exakt dieser Qualitätsstandard sollte auch heute die Messlatte sein!
Willy Theobald
Label: Moosicus Records
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