Nils Landgren Funk Unit: Funk is my religion

Lemmy Kilmister von Motörhead war zwar kein Jazzer, sagte aber mal einen Satz, der auch im Funk Gültigkeit hat: „Ein Gitarrenriff sollte nie länger sein, als es dauert, eine Bierflasche zu köpfen.“  Diese zentrale Ansage setzt der Posaunist Nils Landgren auf dem elften Album seiner Fusion-Formation Funk Unit immer wieder um. Trotzdem legt die sechsköpfige Band um den schwedischen Ausnahmemusiker mit „Funk is my religion“ einen in vieler Hinsicht abwechslungsreichen Longplayer vor.

Klar – hier wird der Funk nicht neu erfunden. Aber warum auch. Landgren und seine Bandkollegen versprühen jede Menge Energie und das beweisen sie seit fast 30 Jahren. Ganz behutsam – fast wie im Intro von „Pink Panter“- schleicht sich die Band in den Opener „Amanda“. Das wirkt eher zurückhaltend – lässt aber schon ahnen: Hier geht es gleich heftiger zur Sache.

Über die musikalischen Qualitäten von „Mr. Red Horn“ – der mit seinem legendären roten Instrument schon lange einen Spitzenplatz in der europäischen Jazz-Szene einnimmt – muss man nicht mehr viel sagen: Der Mann hat es einfach drauf! Und spätestens bei Titel Nummer drei „See ya in court” merkt man – der mittlerweile 65-jährige Bandleader holt auch aus kurzen, furztrocknenen Riffs jede Menge Sprengkraft heraus. Das erinnert sehr an die sparsame, aber wirkungsvolle musikalische Ökonomie der James-Brown-Mitstreiter Fred Wesley und Maceo Parker, die ja auch schon bei Funk Unit im Boot saßen. Da zirkuliert der Bass sparsam zwischen wenigen aber stark akzentuierten Tönen, knallt das Schlagzeug wie ein wild gewordener Drum-Computer, wabern irgendwo im Hintergrund verzerrte Keyboard-Lines.

Und spätestens beim Titelsong „Funk is my religion“ – der quasi die besten Momente der Funk-Society rund um die Fusion-Pioniere The Crusaders wieder aufleben lässt – können sich sogar bockbeinige Zuhörer das Mitgrooven nicht mehr verkneifen. Okay – Lindgren war zeitweise selbst Mitglied der legendären Crusaders und hat auch deren Mastermind Joe Sample schon bei Funk Unit beschäftigt. Dort haben sich im Laufe der Jahre von Parker und Wesley über Ray Parker jr. bis Randy Brecker jede Menge Superstars die Klinkenstecker in die Hand gegeben.

Coronabedingt musste Landgren für das neue Album von dem schon gebuchten Studio auf Mallorca ins wettertechnisch eher rustikale Schweden ausweichen und hat dieses Mal auch auf Gäste aus der internationalen Superstar-Szene verzichtet. Aber das fällt musikalisch nicht ins Gewicht: One band under a groove! Die Arrangements sind routiniert, auch die Rhythm-Section und die Gesangs-Phrasierungen brauchen keinen Vergleich mit den US-Vorbildern zu scheuen.  Und Landgrens Posaunensoli schaffen die Gratwanderung zwischen Dudel-Funk und Jazz mit tänzelnder Leichtigkeit.

Funk Unit einfach nur zu loben, hieße Jazz nach New Orleans, Eulen nach Athen oder rote Posaunen nach Schweden zu tragen. Vielleicht wäre es aber an der Zeit dem traditionellen Funk – der es ja schon lange in die Mitte der Fan-Gemeinde geschafft hat – ein paar neue Impulse zu geben.

Und wer wäre dazu eher berufen als Nils Landgren. Über die musikalischen Fähigkeiten verfügt der Vollblut-Jazzer auf jeden Fall. Und in Songs wie „Amanda“, „ES in memoriam“ oder „Brand new funk“ blitzen diese innovativen Qualitäten immer wieder auf. Kein Zufall also, dass die letzte Nummer „NLFU will never stop“ heißt. Vielleicht muss man ja Motörhead-Lemmy nicht immer alles glauben.

Copyright: Nicola Stankovic
Label: ACT