Barbara Dennerlein @PR

Barbara Dennerlein: Christmas Soul

Wie jetzt? Weihnachtsgrooves im Samba-Rhythmus?! Ist das Blasphemie? Vielleicht noch schlimmer als ein Blowjob mit Maria und Josef? Tscha – eigentlich stehe ich in meiner mega-verkitschten Pop-, Rock- und Jazz-Weihnachtsliedersammlung ganz hardlinermäßig auf bodenständige Christkindelkost: Also: James Brown „Merry Christmas Baby“ gröhlend mit Nikolausmütze auf dem Rentierschlitten, Miles Davis Weihrauch, Myrrhe und Zwirn aus der Trompete pustend, Sid Vicious, der als punkiger Knecht Ruprecht, „Silent Night“ auf dem Dudelsack jodelt oder auch die Rap-Version von „Ihr Kinderlein kommet“ mit Public Enemy! Aber Weihnachtsjazz aus Rio de Janeiro?

Igittttigittt! Irgendwie muss dieser Barbara Dennerlein ein Zimtstern aus der Krone geknallt sein. Oder hat unsere Lieblings- Hammond-Virtuosin aus München zu heftig im Weihnachtspunsch gebadet!!!! Und hat Sie nach drei Kisten Nikolaus-Bock dann doch Garmisch Patenkirchen mit der tief verschneiten Copa Cabana verwechselt. Oder war es vielleicht umgekehrt? Man weiß es nicht!

Egal: Nach dem ich mir die CD an einem sonnendurchfluteten Adventssontag (die Klimakatastrophe hat auch ihre schönen Seiten) in den Player gesteckt habe, hoffte ich auf eine gediegenes Weihnachtslieder-Potpourri mit Hammond-Power. Die Barbara denke ich mir – die auch von internationalen Jazz-Publikationen („Downbeat“ bis “Jazz Journal“) immer wieder als weltweit beste Hammond-Organistin gefeiert wurde –, die wird’s schon richten. Doch nach wenigen Sekunden stehe ich kerzengerade auf meinem Eames-Chair: Wasndas? Ist denn plötzlich hitzefrei? Haben wir etwa 30 Grad im Schatten? Klimaschock im Dezember? Ich bin entsetzt!
Will mir dieses wildgewordene Tastenluder meine schönen teutonischen Weihnachten verhunzen? Und eine mildtätige Organspende (gerade mit einer Hammond B3) stelle ich mir ganz anders vor! Der Opener „Christmas Time“ klingt mehr nach Astrud Gilberto als nach Franz Xaver Gruber – und erst recht nicht nach Bryan Adams. Und diese Version von „Let It Snow“ könnte sogar bei der Kokser-Innung Freunde finden. „Blue Christmas“ wird dann auch noch funkig. Hat was von Brother Jack Mc Duff. Komischerweise bin ich schwer begeistert!!

Dann kommt „We Three Kings“. Das klingt zumindest westlich weihnachtlich – mit Querflöte und so! Ich höre interessiert hin: Für maximal fünf Sekunden: Ach wie schrecklich! Eben war alles noch so sambamäßig – und jetzt plötzlich so bajuwarisch plattfüßig, als hätte Weihnachten plötzlich Schlagseite bekommen.

Barbara Dennerlein - Christmas Soul 2015Gott sei Dank geht es nach qualvoll langen Diedeldammdiedeldei-Sekunden wieder weiter: „XMas Blues“ kommt soulig, bluesig, jazzig daher! Yeeeeaaaah. Endlich wieder seelenvolle Weihnachten!

Und „Little Drumer Boy“ klingt fast wie vom Blatt gespielt, verfügt aber im Hintergrund über einen interessanten Latin-Rhythmus: Zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten höre ich mir diesen bis zur Unkenntlichkeit zerspielten Advents-Gassenhauer mit Begeisterung an.
Okay – bei „Silent Night“ (Track Nr. 10) reagiere dann doch etwas genervt und bei „Chim Chim Cherie“ (Track Nr.11.) stelle ich fest das Musicalmusik aus „Mary Poppins“ auch an Weihnachten nicht wirklich erträglich ist. Aber als die unvergleichliche Zara McFarlane „Blue Christmas“ mit ihrer latintrainierten Stimme und ihrem fast perfekten Timing zu einer Art Schlittenfahrt durch den blauen Bossa-Nova-Himmel veredelt, bin ich sofort wieder mit dem Heiligen Abend versöhnt: Schöööööööööön!

Erleichterung: Es gibt also keinen Grund mehr mich als Weihnachtsnestbeschmutzer an die Tanne zu nageln: Ich liebe traditionellen Weihnachtskitsch – nur die einheimische Krippen-Musik kann ich nicht so richtig ab. Deshalb ist Barbara Dennerleins Weihnachtsalbum „Christmas Soul“ für mich nicht nur eine ästhetische Runderneuerung sondern auch ein ultimatives Geschenk für alle. die Weihnachten mögen aber mit der regulären Christbaumbeschallung auf Kriegsfuß stehen: In diesem Sinn: You need soul!
Willy Theobald

Foto: ©PR

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Barbara Dennerlein „Christmas Soul“ EPK

Barbara Dennerlein für Einsteiger: „Jimmy’s Walk“