Als ich Tom Gaebel zum ersten Mal hörte, war ich schwer beeindruckt: Der singt ja wie Sinatra – ist aber nicht Sinatra. Soweit, so gut. Aber was soll ich mit Sinatra-Songs von Gaebel wenn ich jede Menge Sinatra-Platten habe? Okay, live ist das etwas anderes: Sinatra ist tot – Gaebel lebt.
Muss ich mir aber auch CDs von Gaebel anhören? Muss ich! Gaebel singt Songs wie Sinatra, die Sinatra nie gesungen hat! Immer häufiger streut er auch Eigenkompositionen in sein Repertoire, und die sind (fast immer) richtig klasse. Das gilt auch für das zehnte Album „So Good To Be Me“ des in Gelsenkirchen geborenen und im Münsterland aufgewachsenen Musikhochschulabsolventen. 12 von 13 Songs hat er selbst geschrieben.
Müßig zu erwähnen, dass Gaebel ein waschechter Profi ist, der sein Handwerk von der Pieke auf gelernt hat. In dem Fall wohl besser: von der Piccolo-Flöte auf …. Mit dem Orchester des Goethe-Gvmnasiums Ibbenbüren reiste er als Flötist und Geiger nach Spanien, als Schlagzeuger einer Spaß-Punk-Band besuchte er Slowenien und als Posaunist des Jugendjazzorchesters NRW schaffte er es bis nach China. Mit den Bundejugendjazzorchester, als Sänger bereiste er dann die halbe Welt. Die Singerei hat sich quasi zwangsläufig ihren Weg gebahnt. Auch geschäftlich hat der Mann es (noch eine Parallele zu Sinatra) anscheinend drauf!
Auf „So Good To Be Me“ stellt Gaebel erneut seine ganz speziellen eigenen Fähigkeiten unter Beweis: Vor anderen Sinatra-Kopisten wie Michael Bublé oder Jamie Cullum braucht er sich sowieso nicht zu fürchten. Eigene Stücke verraten ihn als ausgefuchsten Könner der zwar die Stimme von „The Voice“ perfekt kopieren kann, aber schon lange durch eigene Qualitäten glänzt. Zum einen phrasiert er meistens anders als sein großes Vorbild, und seine Fähigkeiten als Komponist und Arrangeur siedeln ihn weiter oberhalb anderer Trittbrettfahrer an. Seine Gesangstechnik wird von Album zu Album besser.
So swingt die komplette Scheibe von Titel Nummer eins „The Cat“ bis zum Schluss („Return Of The Cat“), dass jedem Easy-Listening-Fan vor Begeisterung der Draht aus der Mütze springt. Songs wie „Don’t You Worry, Baby“, „So Good To Be Me“ oder „Cause I Love You“ sind ganz großes Kino.
Grenzwertig schwach ist lediglich „Like A Samba“. Dieses Liedchen geht instrumental und von der Hookline so grell los, als wäre es ein Pausenfüller von Roberto Blanco. (Gaebel selbst erklärte, er habe sich dabei von Sergio Mendez inspirieren lassen.) Besser funktioniert das bei “How I Love You” in dem Gaebel James-Last-Trompeten einbaut, die aber immer als Zitat erkennbar sind. Die einzige Fremd-Komposition, „Wonderful World“ von Sam Cooke, haut er natürlich raus, dass es nur so kracht.
Also ich bin jetzt Gaebel-Fan. Und so lange Frank Sinatra tot ist, halte ich mich an den Mann aus dem Ruhrpott!
Foto: © PR/Christoph Kassette
Label: tomofon