Das Album des ETE-Trios beginnt mit einem Kontrabass-Prélude. Claude Tchamitchian zeigt unaufgeregt, was für ein ausdrucksvolles Melodieinstrument der Bass ist und wo die Reise hingeht: Die Töne der gestrichenen Saiten mäandern zwischen Grundton und Flageolett, fein ausgedachte Melodien werden für jedermann hörbar aus ihren Atomen konstruiert.
Der Pianist Andy Emler ist ein Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz, Mittler zwischen Expressionismus, Impressionismus und klassischem Triojazz. Er hat sich von Debussy, Satie, Ravel ebenso beeinflussen lassen wie von den Größen des Jazzpianos. Klangfarben stehen in Emlers musikalischer Welt im Zentrum. Gern zerlegt er Akkorde, variiert die Pattern und kombiniert sie zu Metapattern.
In Passagen mit rasendem Schlagzeug (Eric Echampard), schwindelerregend schnellen ostinaten Klavierfiguren und zähen Modulationen erinnert das Trio an die Instrumentalorgien der frühen Genesis. Vieles ist auskomponiert, die dynamischen Bögen sind kunstvoll gespannt, die Kontraste, die Dramatik der Stücke sind mit Bedacht inszeniert. „A journey through hope“ oder „Elegances“ etwa erzählen klangmalerisch Geschichten und stellen Emlers Musik damit in die Tradition der Programmmusik des 19. Jahrhunderts – freilich ohne deren Schwulst und Melodramatik.
Die Musik ist zugänglich und eingängig, wiedererkennbar aber schwer vorhersehbar. Die Rhythmik ist teils schlicht, teils schräg; in Melodik und Harmonik gibt es immer ein irritierendes Moment.
Wie Emler mit Hörgewohnheiten spielt, wie er den Zuhörer mal gegen die Wand, mal ins Leere laufen lässt und den Verwirrten dann behutsam ganz woanders wieder abholt – das muss man gehört haben und ist die ganz hohe Kunst der Musik, zumal der improvisierten.
Foto: © PR/Guy Chuiton
Album-Trailer (Video)
Le triton interviewe Andy Emler (französischsprachiges Interview mit Andy Emler)