Elbjazz 2018, Hauptbühne Copyright: Jens Schlenker

Elbjazz 2: Nils Wülker, Marcus King Band, Kamasi Washington… – Im Groove

Man kann nicht alle Konzerte sehen, hören, erleben. Aber ich wollte es versuchen… Der zweite Tag des Elbjazz-Festivals 2018 war von Ausflügen in andere Musikstile geprägt. So hatte sich zum Beispiel Nils Wülker Gäste eingeladen. Der Trompeter holte sich DJ Mad von den Beginnern für den richtigen Sound, außerdem Rapper Nico Suave und Sänger Maxim. Während letzterer die Menge mit seinen Songs zumindest ins Wippen bringen konnte, versuchte Suave das vieltausendarmige Klatschen der Menge – wie auf anderen Festivals üblich – zu animieren. Indes nur mit kurzem Erfolg: Das Publikum war hier wohl doch etwas gesetzter, goutierte jedoch die Anregung.

Nils Wülker, Elbjazz 2018 Copyright: Sabine Meinert
Foto: Sabine Meinert

Wülker selbst brillierte – ob im Hintergrund oder als Main Act welchen Musikstils auch immer. Groovy, cool, eine spannende Mischung aus Jazz, Funk, HipHop. Und im Publikum wackelten immerhin selbst die Ohren im Takt… Ein toller Start in den zweiten Festivalabend.

Direkt danach stand am Helgen die Marcus King Band auf der Bühne – seit dem letzten Reeperbahn Festival kein Geheimtipp mehr. Aber auf jeden Fall ein Knaller: Schlagzeug, Bass, Keyboards, Saxofon, Trompete und ein sensationeller Gitarrist und Sänger aus South Carolina brachten „soul-influenced psychedelic rock“ zu Gehör.

Christoph Eisenmenger / www.facebook.com/basslordpictures
Der erst 21-jährige Marcus King – Foto: Christoph
Eisenmenger/www.facebook.com/basslordpictures

Sprich: Rock und Blues mit jazzigen Anteilen und gelegentlichen Ausflügen in andere Genres. Die Titel: mal ausgiebig fabulierend, mal entfesselt aufgespielt, meist mit heiserer Stimme (best: „Good bye, Carolina“) untermalt. Das Urteil des Publikums: „Der Hammer!“ Die Stimmung war nicht zu toppen.

Auch in der Schiffbauhalle waren Energie und Spirit zu spüren. Web Web, mit Saxophonist Tony Lakatos, spielten hier auf – und es klang. So einladend, so vielseitig und anregend, dass das in die Halle drängende Publikum zeitweise gestoppt werden musste. Die Musik vibrierte im Bauch, machte einfach gute Laune. Wer Platz hatte, tanzte neben den Stuhlreihen. Die Philosophie der vier Instrumentalisten ist sehr einfach: Einfach zusammen spielen und sehen, was dabei herauskommt. Das passte perfekt zum Abend. Und klang intensiv und dynamisch.

Nneka, Elbjazz 2018 Copyright: Christoph Eisenmenger
Foto: Christoph Eisenmenger/www.facebook.com/basslordpictures

Unterdessen hatte auf der Hauptbühne die nigerianische Sängerin Nneka losgelegt. Sie präsentierte auf dem Elbjazz ihr Album mit sozialkritischen und politischen Texten. HipHop- und Soul-getrieben nahm sie vor allem die Jüngeren für sich ein. Ihre hohe, blanke Stimme gewann innerhalb ihres einstündigen Auftritts an Authentizität. Beachtenswert.

Ein weiteres Ausrufezeichen setzte GoGo Penguin – enervierend, vibrierend, faszinierend. „Eigentlich sind wir gar keine Jazz-Band. Wir machen elektronische Musik auf akustischen Instrumenten“, sagen sie selbst. Das klang spannend und einzigartig. Solch eine federnde Mischung aus Rock, Jazz, minimalistischen Klängen und Computerspiel-Sounds gab es wohl noch nicht auf dem Elbjazz. Auf jeden Fall war die Stunde der „Penguins“ ein Highlight.

Was wieder mal auffiel: Zur Stimmung beim Elbjazz trägt die großartige Kulisse am Hafenrand zwischen den Werkhallen von Blohm&Voss enorm bei. Wenn zum Beispiel ein roter Riesenkahn die Szenerie rings um die Bühnen beherrscht und ein weiterer plötzlich sein Schiffshorn ertönen lässt – da applaudieren selbst die Musiker auf den Bühnen. Und wenn die Dunkelheit ein Feuerwerk über dem Stadtpanorama offeriert und die Kräne am Festivalgelände in buntem Lichtergewimmel erstrahlen, dann mag man gar nicht anders als staunen, wippen, tanzen und lachen.

Christoph Eisenmenger / www.facebook.com/basslordpictures
Foto: Christoph Eisenmenger/www.facebook.com/basslordpictures

Deshalb war Kamasi Washington bereits in guter Stimmung und Gesellschaft, als er loslegte. Und das bisschen Regen – naja. Der vielgelobte Saxofonist musste zwar damit kämpfen, dass sich sein Publikum eines kräftigen Gusses wegen plötzlich in Bierzelte und unter Kioskdächer flüchtete, brachte aber dennoch Spiellaune und Empathie über den Bühnenrand. Und so nickte und tänzelte es auf engstem (trockenem) Raum allerorten. Eine tolle Stimmung. Zusammen mit seinem Vater ließ er die Stimmung letztlich auf Hochniveau ankern. Die, die nicht flüchteten, hatten Spaß. Großen Spaß.

Sabine Meinert

PS: Ach ja, da waren noch mehr Elbjazz-Konzerte, die es zu besuchen gelohnt hätte: Marius Neset, „Artist in Residence“ Michael Wollny, Django Bates & HR-Bigband, Mammal Hands … Und dann noch die vielen Acts auf den Außenbühnen: Kat Frankie, Eva Klesse Quartet in St. Katharinen zum Beispiel oder Laura Perrudin auf der MS Stubnitz oder Siena Jazz, Daniel Hirth, das Nuhussel Orchestra auf der HMFT-Young-Talents-Bühne… Aber man kann nicht alles schaffen.

Titelfoto: Jens Schlenker