Susanne Alt: Saxify

Bei diesem norddeutschen Sommer braucht man – zumal wenn man seine Steuererklärung noch zu erledigen hat – ein starkes Gegengift. Ich kann mich nur bei Susanne Alt bedanken, dass ich heiter durch die Wochen komme. Denn ihr neues Album „Saxify“ ist ein frisch-fröhliches Funk-Feuerwerk, dessen Herkunft aus Nordeuropa man nicht vermuten würde.

Die gebürtige Würzburgerin, deren Holländisch ihren Wohnort Amsterdam verrät, spielt ihr Saxofon mit erkennbarem North-Carolina-Idiom. Sind es bei Maceo Parker 98% Funk und 2% Jazz, stockt Alt den Jazzanteil auf 12% auf, legt zuweilen noch gut und gern 20% HipHop drauf, ohne den Funkanteil zu schmälern. Macht 130%.

Susanne Alt - Saxify - CoverDie Zutaten: ein druckvolles Schlagzeug (Jamal Thomas), dazu pointierte Basslinien, Kekstrockene knackige Saxofon- und Gitarren-Riffs, asymmetrische Licks, lazerscharfe Bläsersätze, synthetische Keyboardsounds, Gesang (immer wieder gern Call & Response). Das groovt und funkt nach Herzenslust und so bringen es es nur ganz, ganz wenige zustande.

Zudem ist das Album so dicht produziert, so pickepacke voll mit Ideen – hier noch ein Sound, da noch ein Lick, ein unerwarteter Break, ein kollerndes Lachen -, dass man das Album immer wieder hören und bestaunen kann.

Und das macht Susanne Alt komplett unter eigener Regie: Die Stücke hat sie komponiert, arrangiert, produziert, Alt- und Tenorsaxofon eingespielt, dazu Flöte und Hintergrundgesang. Und mit grandioser Intuition die passenden Mitmusiker dazugeholt, deren Personalstile sie zu einem harmonischen Ganzen vermischt. Auf diesem Album zu hören sind u.a. Fred Wesley, Michael Hampton, Michael „Clip“ Payne, Tracy Lewis, Rodney „Skeet“ Curtis, Scott Mayo, Bruno Speight, Jamal Thomas, Reggie Ward, Glenn Gaddum Jr., Gary Winters und die phantastische Berenice van Leer.

Die Texte entstehen bei den Sessions im Team. Das geht nicht immer gut. Kostprobe: „We feel the advantage of the energy around us“ – hier ist poetisch noch etwas Luft nach oben. Aber es gibt auch ein „Open up. Look around. Realize: Life is good.“ Das ist so bündig auf den Punkt gebracht, dass es einen durch den Alltag trägt.

Die langsamen Songs des Albums sind – ähnlich wie bei Maceo – solide abgelieferte Pflicht. Man braucht sie, um auf der Bühne mal ein wenig Druck rauszunehmen. Danach freuen sich alle, wenn es umso knackiger weitergeht.

Und das Versprechen löst Susanne Alt vergnüglich ein: „You will, you will be suprised, saxified.“
Sven Sorgenfrey
Foto: Michel Zoeter/PR

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