Volltreffer: Der Titel „Do Your Dance“ passt perfekt! Konventionelle Tanzschritte eignen sich zu Kenny Garretts neuem Album selten! Hier hagelt es Synkopen und wechselnde Akzentuierungen – doch die Songs klingen niemals willkürlich! Meistens sind sie eine wilde Hatz durch oft sperrige Harmonien, die das sechsköpfige Ensemble mit modalen Tonleitern und sogar freejazzigen Einlagen zu energiegeladenenen Kunststücken aufpimpt. Eine Reise durch die Mucki-Bude der Jazzgeschichte!
Und das, obwohl auch harmlos klingende Titel wie „Bossa“, „Calypso Chant“ oder „Waltz“ vertreten sind: Doch der 56-jährige Alt-Saxofonist Garrett, der schon bei Duke Ellington, Art Blakey und Miles Davis spielte, hat es meistens eilig: Seine fünf Mitstreiter ebenfalls. Wie übermütige Kinder treiben sie die Töne voreinander her. Mal überholt das Piano (Donald Brown), das Saxophon, dann knüppelt das Schlagzeug (auf dem Album sind gleich drei vertreten) alle brutal nach vorne – bis die Solisten nicht mehr können und den Drummern den Vortritt lassen. Versuchen Sie mal zu Garretts „Calypso Chant“ einen Standardtanz auf die Bretter zu legen: Wahrscheinlich haben Sie und Ihr/e Partner/in sich schon nach wenigen Minuten ein Schleudertrauma eingefangen!
Zwei Rapeinlagen von Mista Enz (Sohn von Jazz Messenger Donald Brown) bringen zusätzliche Abwechslung wären aber nicht unbedingt nötig gewesen: „Wheatgrass Shot“ und „Do Your Dance” können auch ohne modisches Beiwerk bestehen.
„Ich nehme mein Publikum gerne mit auf eine Reise“, sagte Garrett einmal über seine Musik. Das stimmt: Dieses Album klingt nach Abenteuer-Urlaub!
Willy Theobald
Fotos: Jimmy Katz/PR
Label: Mack Avenue