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Philipp Wisser: Just A Glimpse

Nur ein flüchtiger Blick – das ist die deutsche Übersetzung des Album-Titels „Just A Glimpse“. Doch flüchtig kommt das Debut des Gitarristen Philipp Wisser keineswegs daher. Die LP, die der studierte Jazzer mit seiner langjährigen Begleitformation „The Destructive Bebop Band“ eingespielt hat, ist allererste Jazz-Sahne.

Be-Bop hat die Formation deutlich hörbar hinter sich gelassen, sie orientiert sich an strukturierteren Cool-Mustern der 50er-Jahre. So wirken auch improvisierte Soli von Saxophon und Gitarre – wie im Opener „Can’t Go Back“ – nie zufällig, sondern immer wohlüberlegt und fokussiert. Aus den Kompositionen (die meisten stammen von Wisser) klingen nicht nur überzeugende musikalische Ideen – die Band versprüht bei allen Songs geballt-konzentrierte Spielfreude.

Klar – von Vorurteilen zu „studierten Jazzern“ muss man sich als Kritiker erstmal erholen. Auch wenn Wisser u.a. an der Essener Folkwangschule und am renommierten Berklee College of Music in Boston unterrichtet wurde, gilt so etwas in Jazzkreisen nicht unbedingt als Gütesiegel. Wie auch immer – bei Wisser hört man neben der ausgefeilten Technik auch seine emotionalen Wurzeln. So hat er keine Scheu auf Gitarren-Idole aus seiner Jugend hin zu weisen und Namen wie Jimi Hendrix, Slash oder Steve Lukather zu nennen. Diese frühen Prägungen lässt er immer wieder aufblitzen – auch wenn ihm jazzigere Saitenvirtuosen wie Pat Metheny (der ebenfalls am Berklee-College Spuren hinterließ) wesentlich näher zu stehen scheinen.

Einzelne Songs herauszugreifen macht wenig Sinn: Ob Uptempo oder elegisch – sie überzeugen fast alle.  So bäumt sich die Gitarre immer wieder mit harmonischen Strukturen auf, wird vom Bass druckvoll unterstützt bis alles in ruhiges Fahrwasser gleitet. Doch schon bahnt sich im Hintergrund ein neuer Ausbruch an. Sax-Sequenzen werden von Trompete und Flügelhorn in modale Abgründe gezogen. Die Gitarre kommt mit druckvoll harmonischen Klangmustern zum Einsatz – verliert sich aber immer intensiver in fast free klingenden Strukturen. Abrupt reißt der Ausflug ins Atonale ab. Wie ein musikalischer Gebirgsbach laufen die Melodien spielerisch aus, haben die Stromschnellen hinter sich gelassen, werden zu einem moderaten Auslaufmodell, das plätschernd versiegt.

Sogar eine Komposition wie „Unbound“, die bekannte Harmoniemuster aus dem Bobby-Timmons-Klassiker „Moanin“ verwendet, trägt trotzdem eine eindeutig eigene Handschrift. Hier passt fast alles: So leisten sich Trompete / Flügelhorn (Ruven Weithöner) und Saxophon (Christoph Klenner) wohltemperierte Duelle, die sich zum guten Schluss im tonalen Bereich wiedervereinigen. Auch die Rhythm-Section mit Malte Winter (Bass) und Marvin Andrä (Schlagzeug) funktioniert wie ein perfekt eingespieltes Räderwerk und zeigt immer wieder, dass sie mehr kann als nur begleiten.

Zu erwähnen wäre noch der Rausschmeißer „Never No Happy Ending“, der wie ein Funeral March mit New-Orleans-Touch startet. Dieses ruhige getragene Stück ist eine – fast schon zaghaft zu nennende – Komposition, die nicht nur durch ihre Behutsamkeit, sondern auch durch ihren fragil-konzertiertem Aufbau begeistert und ein fast schon schwerelos wirkendes aber transzendierendes Ausrufezeichen setzt.

Eins ist auf jeden Fall klar: Philipp Wissers Debut-Album ist nicht „flüchtig“ – es verlangt ganz eindeutig nach MEHR.

Copyright: Lena Bils
Label: JazzSick Records

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