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Jasmin Tabatabai: Was sagt man zu den Menschen, wenn man traurig ist?

Sie wirkt tough, manchmal gar herb oder rauh, wenn sie als Schauspielerin zu sehen ist. Wenn Jasmin Tabatabai singt, ist das anders. Zumindest auf ihrem neuen Album „Was sagt man zu den Menschen, wenn man traurig ist?“. Hier wird jede Menge weiche Fraulichkeit aufgetischt, die Strenge aus manchem Fernsehkrimi verfliegt mit den ersten Tönen. Ihre Stimme windet sich so intensiv und anheimelnd in die Gehörgänge, dass man am Ende auf „Replay“ drückt.

Ruhig, fast sanft klingt das Bild, das diese CD von Jasmin Tabatabai vermittelt. Zumindest am Anfang. Was zudem besticht, sind die Texte, die dazu erklingen: witzig, ehrlich, klug, bestechend klar. Und mehr als zeitgemäss – auch wenn der Ursprung bei Georg Kreisler, Kurt Weill, Reinhard Mey und anderen Autoren und zudem in den 1930er bis 1990er Jahren liegt. Die Fremdherkunft erkennt man jedoch nicht, so sehr macht sich die Sängerin Worte und Klänge zu eigen. Ein Glücksfall.

Irgendwann summt oder schnippt man mit – oder überlegt übermütig, mit wem sich eine kleine Frotzelei anfangen ließe. Keck und spritzig klingt es an der einen Stelle, sinnlich und eher introvertiert an einer anderen. So hat man viele der Songs noch nie wahrgenommen. Andere präsentiert die Sängerin lasziv, einen Tick wollüstig und ein bisschen aufmüpfig, doch niemals laut oder grell.

Spätestens bei „Aller guten Dinge sind drei“ hat man Jasmin Tabatabai plastisch vor Augen, wie sie den täglichen Wahnsinn mit Kindern zu meistern versucht. Inzwischen hat die Dreifach-Mama zugegeben, sich in dem Song mehr als wiederzuerkennen. Wohl deshalb kann sie neben Schmunzeln auch Nachdenklichkeit erzeugen.

Ein Klavier turtelt rund um die verbalen Alltagsausflüge, eine Trompete sät bunten Reigen mitten in die Klangschatulle, Saxofon, Bass und Drums betten die jazzigen Vorträge von Jasmin Tabatabai in feingewebte Lautgemälde. Schuld daran sind David Klein und die Musiker seines Quintetts, die ihre Klasse lässig Stück für Stück beweisen. Der Schweizer Klein hatte bereits 2011 mit der Sängerin und Schauspielerin gearbeitet – gekrönt von einem Jazz-Echo. Die zweite gemeinsame Arbeit verspricht ähnlichen Erfolg. Schon allein, weil Sängerin und Musiker im Titelsong jede Note in ein fein klingendes Fragezeichen verwandeln.

Jegliche Traurigkeit indes geht in kürzester Zeit verloren, auch wenn die Themen der CD durchaus ernst sind. Zudem nimmt Jasmin Tabatabai den Hörer mit auf einen Ausflug in das Land ihrer Väter. Ein Genuss. Auch wenn man das Persische nicht versteht: Es berührt. Dazu setzt sie ein paar Klassiker in englisch und französisch – jeder einzelne veredelt durch ihre echte, direkte Interpretation. Zum Abschluss präsentiert die Deutsch-Iranerin einige bekannte Titel, die man so gar nicht bei ihr vermutet hätte: „Wenn ein Mensch lebt“ von der Ost-Band Puhdys oder das Schlaflied „La Le Lu“. Doch genau das will Jasmin Tabatabai auch – ein bisschen überraschen. Und ehrlich: Es hört sich gut an auf der CD.

Traurig ist man nach dieser Scheibe nicht. Im Gegenteil: wohlig beschwingt, erheitert, nachdenklich. Wer nicht gerade schreienden Frohsinn oder rotzig-derben Übermut erwartet, wird nicht enttäuscht, sondern schmunzelt und drückt noch mal auf „Play“ – siehe oben.
Sabine Meinert

Fotos: PR/Felix Broede
Label: Jadavi Records

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