Spring String Quartet: Best Ingredients

Aus- und aufbrechen, ausgetretene Pfade hinter sich lassen und nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten
suchen: Seit 20 Jahren mischen die vier Österreicher das Streichquartett-Genre auf. Mixen Klassik mit Metal, Jazz mit Rock und haben sich als schräge Querdenker profiliert. So auch in der „20th Anniversary Suite“, die im Zentrum dieses Spring String-Albums mit allerbesten Song-Zutaten von Jo Zawinul bis Tom Waits steht: eine Entdeckungsreise von Herz bis Hirn – lässig erfüllt von wildem, neuem Leben.

Matthieu Bordenave: Terre de Sienne

Nomen est omen: Grand Angle heißt das Quartett des Saxophonisten
Matthieu Bordenave – und in der Tat haben die vier Franzosen für dieses Album klangfarblich ein wahres „Weitwinkel“-Objektiv gewählt. Nicht nur, dass sie jedem der zwölf Stücke eine Farbe zuordnen, sie schauen über ihr Genre hinaus, wechseln die Perspektiven und schaffen sich Gestaltungs(frei)räume. Was die Farben in diesem Spiel ohne Grenzen aufleuchten lässt und
unsere Palette an Höreindrücken aufs Schillerndste erweitert.

Kinga Glyk: Dream

Eine 20-Jährige als neues Jazzwunder? Schon erstaunlich, wie Kinga Glyk allenthalben gefeiert wird – doch wer die Augen schließt und sich ihrem dritten (!) Album hingibt, hört schnell warum: Die polnische Bassistin versteht es Geschichten zu erzählen. Virtuos und doch zugleich leicht und unaufdringlich. Hat sich das Beste aus Jazzrock, Fusion und Modern Jazz vergangener Jahrzehnte abgelauscht und voller Spaß, Groove und Power mit eigenen Ideen versehen. Wahrlich ein Traum aus der Tiefe der Saiten!

Kenny Werner Trio: Animal Crackers

Vier knallige Snare-Schläge – und schon ist man mitten drin in diesem Album! Der erste Song („Ari“) startet programmatisch: Mehr Modern Jazz geht nicht! Sind John Lewis und George Russell wieder auferstanden? Kennen wir doch alles! Aber nein, wenn wir genauer hinhören, bemerken wir sofort: Kenny Werner hat eine ganz persönliche Handschrift. Hier ist kein seelenloser Kopist am Werk. Diese Musik lebt. Kenny Werner Trio: Animal Crackers weiterlesen

Curtis Harding: Face Your Fear

Also – wenn Retro-Soul sooooo gut gemacht ist, bin ich sofort auf 180. Und Curtis Harding ist ein wirklich außergewöhnliches Exemplar dieser Vintage-Spezies. Alleine wegen „Need Your Love“ auf seinem neuen Album „Face Your Fear“ gebührt dem schwarzen Sänger aus Atlanta, Georgia ein Ehrenplatz im Soul-Himmel – irgendwo in Sichtweite von Otis Redding, Wilson Picket und Arthur Connely: Ich höre diesen Song im Moment jeden Tag mindestens zehnmal. Okay, der junge Mann nimmt manchmal den Mund ziemlich voll. So erklärte Harding, der bei Cee Lo Green und Gnals Barkley in die Sound-Schule ging, anlässlich seines Debutalbums „Soul Power“: „Ich will nur Klassiker aufnehmen“. Schon gut, das haben wir verstanden. Und für jeden Song der mit „Need Your Love“ mithalten kann, rückt er ein bisschen näher an den Soul-Olymp. Sogar die Bibel aller Pop-Rock-Begeisterten, der „Rolling Stone“, prophezeite dem Sänger eine „große Zukunft“. Aber: Trotz zwei astreiner Alben und einer Wahnsinns-Single: eine Retro-Schwalbe macht noch keinen Soul-Sommer. Wir sind gespannt auf das, was noch kommt.
Willy Theobald

Label: Anti/Indigo

Matthias Schriefl: Europa

Gemuhe zum Einstieg? Muss man(n) erst einmal drauf kommen, doch wenn der Opener den Titel „Auf Wiener Schnitzel“ trägt, ist solch atonale Aufnahme aus dem Kuhstall nur konsequent. Und erzählt eine von acht ebenso humorvollen wie polystilistischen und -rhythmischen Song-Geschichten, mit denen Chef-Schlachter Schriefl durch die Welt(-Musik) wandert: mal makaber, mal harmonisch, mal morbide, mal vergnügungssteuerpflichtig. Stets aber voller Originalität und instrumentaler Klasse!

Dieter Ilg Trio: B-A-C-H

Am Ende könnte Bach der erste Jazzer gewesen sein: Den Eindruck hinterlässt Dieter Ilg auf seinem neuen Album. Nicht nur, dass der Kontrabassist das berühmte „Air“ des barocken Übervaters wunderbar melodisch zu gestalten weiß, vor allem verpasst das Trio den bekannten Klassikern durch feine, geistreiche Improvisationen neue Gewänder. Nutzt Melodien und Impulse des Leipzigers für ebenso sanfte wie überraschende Variationen. Bach war und ist eben Anfang und Ende aller Musik.

Hudson (Jack DeJohnette, Larry Grenadier, John Medeski, John Scofield): Hudson

Unter dem Bandnamen „Hudson“ haben sich mit Jack DeJohnette, Larry Grenadier, John Medeski und John Scofield vier großmächtige Jazzmusker zusammengetan, die gern und oft andere Genres in ihr Spielt gemischt haben und in derselben Gegend leben: im Hudson-Tal.
Dieser Landstrich spielte schon eine zentrale Rolle im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Später wurde er der bevorzugte Zufluchtsort vieler, die befürchteten, vom nur ein paar Autostunden entfernten Moloch New York City verschluckt zu werden – und nicht zuletzt liegt hier Woodstock, der berüchtigte Urschlamm der Hippies. Das Hudson River Valley ist also gleichermaßen Bestandteil des Gründungsmythos der USA und der Woodstock-Generation – und bis heute Hudson (Jack DeJohnette, Larry Grenadier, John Medeski, John Scofield): Hudson weiterlesen

Tingvall Trio: Cirklar

Seiner Liebe zur melodischen Seite des Jazz bleibt Martin Tingvall auch auf diesem Album treu. Und so zieht der Schwede Kreise („Cirklar“) der Klangschönheit, lässt mit seinen Mitstreitern Bassist Omar Rodriguez Calvo und Drummer Jürgen Spiegel sein „Karusellen“ durch einen weiten Stilkosmos laufen. Mal sphärisch, mal beschwingt, mal schwermütig, mal schwelgend – stets aber facettenreich. Irgendwie rund und doch im Fluss. Eben wie ein unendlicher Kreislauf betörender Klänge.