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Daniel Garcia Trio: Travesuras

Ob tosende Akkord-Sturzbäche, Staccato-Piano oder ausufernde Tastenläufe: Zurückhaltung gehört nicht unbedingt zu den musikalischen Qualitäten des spanischen Pianisten Daniel Garcia. Warum auch? Flamenco-Jazz ist ein Genre, in dem mehr geklotzt als gekleckert wird.

Und Klotzen kann der 1983 in Salamanca geborene Musiker wie kein zweiter. Dass er am renommierten Berklee College of Music auch eine traditionelle klassische Ausbildung erhalten hat, lässt er trotzdem immer wieder aufblitzen. Dann fließen in ruhigeren Passagen aus der europäischen Kunstmusik über Gregorianik bis hin zu modalen arabisch-afrikanischen Einflüssen auch gemäßigte, fast lyrische Partikel in seine Kompositionen und Interpretationen ein. “Jazz und Flamenco haben ähnliche Wesensmerkmale“, glaubt Garcia. Quasi als Beweis für diese These lässt er die Zuhörer auf „Traversuras“ – so der Titel des Albums – in einer Art musikalischem Wechselbad zwischen Heiß und Kalt zirkulieren. Kein Zufall also, dass Garcia mit „Dream Of Miles“ sogar Miles Davis‘ Cool-Phase Tribut zollt.

Doch einen Song weiter geht es schon wieder in eine ganz andere Richtung – treibt er sich und seine beiden Begleitmusiker mit „Vengo De Moler“ in eine Art spanisches Volkslied, das mit seinen Staccato-Passagen fast schon wie ein störrisches Zirkuspferd wirkt. Unterstützt wird er dabei von der Flöten-Legende Jorge Pardo, der schon in den Bands des Fusion-Altmeisters Paco de Lucia eine herausragende Rolle spielte und im Titelstück des Albums („Traversuras“) in sein Arbeitsgerät bläst, als wolle er den Leibhaftigen an die Wand spielen. „Völlige Hingabe im Moment des Musizierens sowie das tiefe Erleben im Augenblick“, fordert Garcia von seinen Musikern – und bleibt selbst den Beweis für diese Herangehensweise keine Sekunde schuldig.

Damit wären wir dann beim Thema Flamenco-Jazz, einer Fusion-Gattung, die schon 1960 aufflackerte – aber mit Miles Davis‘ „Sketches Of Spain“ noch eher behutsam die harmonischen Möglichkeiten des neuen Genres auslotete. Mitte der Sechziger überraschten dann bei den Berliner Jazztagen Saxofonist Pedro Iturralde und Gitarrist de Lucía nicht nur das Publikum mit ihrem Flamenco-Jazz, sondern auch Experten wie Joachim Ernst Berendt und Siggi Loch, die das noch junge Genre sofort in ihr musikalisches Herz schlossen. Loch produzierte bis heute einige Klassiker dieser Musik-Melange: So war es kein Zufall, dass Garcia nun auch bei Lochs Plattenlabel ACT anheuerte – und Loch das dritte Album des Trios mit produzierte.

Bassist Reinier Elizarde  und Schlagzeuger Michael Olivera bilden eine ideale Rhythmn-Section, die dem Bandleader und Tastenvirtuosen auch in den kleinsten Nuancierungen folgt. „Wir tauschen ständig Informationen aus und reagieren darauf“, sagt Garcia. Im Bereich Antizipation haben die beiden Sidemen einen Sonderpreis verdient. Ähnlich wie Fußballer für ihre Mitspieler in Sekundenbrauchteilen Räume öffnen, scheinen sie schon im Voraus zu ahnen, was der Mann am Klavier in den nächsten Sekunden plant. Großartig!

„Flamenco und Jazz sind Brüder“, behauptet García. Zumindest bei diesem furiosen und energiegeladenen Album hat er damit absolut recht!

Willy Theobald

Label: ACT
Foto: Juanjo Diego

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