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Lizz Wright: Grace

Lizz Wright @ Jesse Kitt/PR

Coverversionen sind kein einfaches Feld. Lizz Wright hat es meist nur am Rande betreten. Doch mit „Grace“ legt sie ein ganzes Album voller Cover vor, nur ein einziger Titel ist eine Eigenkomposition („All The Way Here“ mit Maia Sharp). Jazz hatte sie dabei offenbar nicht vorrangig im Sinn. Doch dies ist ein Juwel!

Gerade der Titelsong „Grace“ lässt den tiefen Süden erwachen, lässt spüren, wo die Sängerin – örtlich gesehen – ihre Wurzeln sieht. Blues und Gospel in sakraler, herzöffnender Intensität mit unglaublicher Wärme und Kraft, dazu ein bisschen Spritzigkeit und Charme in Jazznoten kennzeichnen auch die restliche CD.

Am bekanntesten ist Allen Toussaints „Southern Night“. Lizz Wright gibt dem Song einen neuen Dreh. Es vibriert im Bauch und schmeichelt den Ohren, wenn sie singt. Drumherum gruppiert sie Songs von Ray Charles, Nina Simone, Bob Dylan, aber auch K.d. Lang. Eine anregende Mischung.

Wrights rauchige, tiefe Stimme gibt den Songs Wärme und Tiefe. Wo Rhythmen dazu kommen, lässt sie Frische und Coolness aufblitzen. An anderer Stelle perlt die sehnsuchtsvolle Schönheit des amerikanischen Südens aus ihrem Mund, zum Teil unterstützt von einem Kirchenchor aus Atlanta – berührend.

Inspiration für dieses Album holte sich Lizz Wright wohl aus dem Nina-Simone-Dokumentarfilm „What Happened, Miss Simone?“. Deren Credo, als Künstlerin auf die Zeiten antworten zu müssen, greift sie auf – unter anderem in „Seems I’m Never Tired Loving You“, das sie verändert hat. „Ein geduldiges und liebevolles Statement über ihr Leben als US-Amerikanerin im Jahr 2017“ schreibt die Plattenfirma dazu.

Der Süden der USA prägt jede Note dieses Albums. Und er verlangsamt das Tempo. Spätestens nach der Hälfte der CD tourt man runter, überdenkt das eine oder andere… Eine großartige Musikerriege (unter anderem Marc Ribot, Gitarre) trägt das ihre dazu bei, dass alles ganz leicht klingt, ohne belanglos zu wirken.

Wer nach dieser Scheibe nicht wenigstens ein bisschen relaxt und mehr bei sich ist als vorher, wer nicht einen Hauch von Melancholie spürt und dennoch Tatendrang und Kraft geweckt sieht, der hat Lizz Wright nicht (zu)gehört. Die Songs klingen noch nach, wenn der Player längst ausgeschaltet ist – und hinterlassen wohlige Kraft und Wärme. Unbedingt empfehlenswert.

PS: Ich will einen Schaukelstuhl und eine große Veranda für die nächsten Sonnenuntergänge…
Sabine Meinert

Foto: Jesse Kitt/PR
Label: Concord/Universal Music

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