Wenn eine Sängerin ein Album veröffentlicht: super! Wenn ein Pianist ein Album veröffentlicht: klasse! Wenn ein Gitarrist eine Platte veröffentlicht: toll! Wenn aber ein Bassist ein Album veröffentlicht: Muuuuusssss daaaassss sein! Und das obwohl wir in der Jazz-Historie von Charles Mingus und Ron Carter über Stanley Clark und Jacko Pastorius bis Eberhard Weber jede Menge Sternstunden international erfolgreicher Bassisten erlebt haben.
Der 40-jährige Bassist Edward Maclean lässt sich von Vorurteilen nicht abschrecken. 2013 entfachte er mit seinem Debut-Album „Adoqué“ in der deutschen Musikszene einen regelrechten Begeisterungstaumel. Kritiker und Publikum waren sich einig: Ein neuer Stern am Jazzhimmel ist aufgegangen.
Der in Ghana geborene und im Rheinland gestrandete Bassist mit Berlin- und Hamburg-Erfahrung geht konsequent seinen Weg. „Me & You“ ist spielerischer als das Debut. Verschwunden das feste Korsett – doch die formgebende Struktur ist geblieben. So als hätte Maclean die Sicherheit gefunden, sich frei zu bewegen. Das ist Modern-Jazz mit Soul und R&B gemixt, der nicht in den 60ern und 70er-Jahren hängen blieb, sondern aktuell ist – und vieles aufgesogen hat, was zum Sound der letzten 20 bis 30 Jahre gehört.
Mein Anspieltipp ist der Titel „Gospel“ – der natürlich kein Gospel ist. Maclean versteht das Stück als Verneigung vor dem Soulsänger Donny Hathaway: Herausgekommen ist ein verschleppter Killergroove, der einem den Draht aus der Mütze haut: Maclean goes Happy Metal?! Vielleicht wäre das ein Coversong für Metallica…
Um Missverständnisse zu vermeiden, erklärt Maclean im Interview: „Es geht bei dem Albumtitel ‚Me & You‘ nicht um Romanze, Candlelight-Dinner oder ähnliches. Damit ist die Unmittelbarkeit und Interaktion der Face-to-Face-Kommunikation gemeint.“ Wunderbar: Verbal artikulieren kann er sich auch!
Willy Theobald
Foto: Zara Zandieh/PR (Aufmacher), R.Schollkoepf/PR und R.Ortag/PR (Einklinker)
Label: R3w/Cargo