Janis Siegel und Niels Landgren im Studio für "Some Other Time" - A Tribute to Leonard Bernstein

Nils Landgren with Janis Siegel: Some Other Time

Musical und Jazz passen irgendwie nicht zusammen. – Das würde Nils Landgren nie so stehen lassen. Schließlich hat er eine rote Posaune, seine eigene Auffassung zu Musikstilen – und Janis Siegel, früher Sängerin bei The Manhattan Transfer. Landgrens neue Scheibe „Some other time – A tribute to Leonard Bernstein“ schafft scheinbar mühelos die Kombination von populär-eingängigem, manchmal ein bisschen abgelutschtem Musikgut und klaren, modernen, jazzig-prickelnden Klängen. Tausend mal Gehörtes bringt er spielerisch auf eine neue Ebene – unerhört. Oder besser: Noch nie so gehört. Und noch besser: Es braucht keinerlei Bombast dafür.

Ich muss zugeben: Früher war ich mal ein glühender Musical-Fan. Jeden der Songs, die hier interpretiert werden, kann ich mitsingen. Aber tatsächlich bringt diese Scheibe Seiten der Bernsteinschen Musik ans Licht, die mir in zahllosen Abenden in staubigem Operetten-Ambiente entgangen sind. Das unglaublich Schöne daran: Alles klingt so unaufgeregt, gelassen, natürlich bei Landgren und Siegel.

Landgren-Bernstein-Cover-180x180Landgren selbst erklärt das so: „Bernsteins Musik erreicht die Seele.“ Und das offenbar in egal welcher musikalischen Fassung. Der Mann mit der roten Posaune erkennt Tiefe, Humor, Bedeutung und Klänge, die ein gutes Gefühl hinterlassen. Außerdem verweist er darauf, auch Bernstein hatte eine Affinität zum Jazz. Dies war mir in meinen bisherigen Begegnungen mit der Musik von Herrn Bernstein wohl entgangen. Aber die Arrangements von Vince Mendoza und die Musiker um Landgren (Dieter Ilg – bass, Wolfgang Haffner – dr, Jan Lundgren – piano) bringen das durchaus zu Gehör. Unterschwellig, zart, subtil ist sie da, die Bernsteinsche Jazz-Farbe.

Zum Klingen bringt sie vor allem Janis Siegel. Die neunfache Grammy-Gewinnerin zeigt ihre Klasse, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Ihre klare, warme Interpretation gibt den Stücken Glanz. In den Duetten mit Nils Landgren sizzelt Esprit. Und Intensität wird in jedem Song spürbar. Eine schöne Zusammenarbeit, die offenbar auch Jamie Bernstein, Leonards Tochter, unterstützte.

Eine wunderbare musikalische Ergänzung liefern Mitglieder der Bochumer Symphoniker. Oder besser die Bläser des Orchesters, denn Streicher und Co. haben sie vorsorglich zuhause gelassen. Die sonst so allgegenwärtigen Strings hätten der CD wohl doch zuviel „üblichen Bernstein“ verpasst. Landgrens Posaune färbt das Projekt indes Fan-gerecht ein, verleiht lässige Eleganz und zeitlose Wertigkeit oder setzt prickelnd-farbige Highlights. Ohne Musical-Gedöns.

Denn was wirklich auffällt, ist dieses allgegenwärtig Unaufgeregte. Und gerade das fasziniert mich. Weil es intensiv ist und nicht profan. Und nicht etwa lapidar durchrauscht. Der Ausflug in die Musical-Welt hat sich also gelohnt. Oder kurz: Die Scheibe ist genau das Richtige für einen Februarsonntag.
Sabine Meinert

PS: Am 15. Februar feiert Nils Landgren seinen 60. Geburtstag. Und er macht erneut deutlich: Am schönsten sind die Geschenke, die man sich selber macht. In diesem Sinne: Happy birthday!

Foto: Lutz Voigtländer/ACT Music

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