Wallflower – Mauerblümchen. Das wäre ganz sicher nicht die erste Beschreibung, die mir zu Diana Krall eingefallen wäre. Und die Songs ihres neuen Albums? Irgendwie auch nicht so recht. Sie kommen nach einer Lungenentzündung Kralls Monate später als geplant heraus, müssen sich aber in ihrem poppigen Gewand keinesfalls Mauerblümchen-like verstecken: „California dreaming“, „I can`t tell you why“, „Sorry seems to be the hardest word“… – Bekanntes aus Funk und Fernsehen, wenn auch großenteils schon 30, 40 Jahre alt.
Was Krall in zwölf Titeln rauchig und angenehm zurückhaltend anklingen lässt, sind keine krachigen oder ultra-modernen Versionen ihrer Kindheits- und Jugenderinnerungen. Vielmehr ist jedes Stück ein vorsichtiges Tasten zurück bis in die 60er und 70er. Dabei wird manches erst auf den zweiten Blick oder dritten Ton erkennbar. Kralls dunkle Stimme gibt aber den Titeln Echtheit und Klarheit. Und was aus den Boxen kommt, überzeugt in stiller Kraft. Auch wenn manchmal ein klitzekleines Prickeln im ruhigen Sound gut täte – aber ich will nicht meckern.
Nein, ein Mauerblümchen ist Frau Krall gewiss nicht. Wird sie wohl auch nie werden. Ihre CD ist auch kein bescheiden zurücktretendes CD-chen. Eher ein klingendes Fotoalbum dieser Zeit. Eines, das man gern hervorholt, ohne das Damals wiederhaben zu wollen. Und auch wenn die von ihr präsentierten Titel sicher keine Epoche-prägenden Knaller-Neuauflagen sind – einen relaxten, schönen Nachmittag mit ein paar echten Highlights bescheren sie auf jeden Fall. Die von Krall ausgewählten Titel sind markant genug, um Erinnerungen zu wecken, um Gedanken in Fluss zu bringen, um ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Alles in allem: Reduziert, in sich stimmig, jazzig nur in Ansätzen. Beflügelt durch die ruhige, rauchige Stimme von Diana Krall, ihr Piano und ein wenig Begleitung.
Sabine Meinert
Foto: PR/Bryan Adams (jawohl, DER Bryan Adams)
Label: Verve (Universal)