Das Fachblatt „Jazzthetik“ schwärmte: Der Organist „Andi Kissenbeck swingt wie die Hölle“. Korrekt! Auf dem neuen Club-Boogaloo-Album „Monsoon Dance“ finden sich jede Menge Songs die sofort in die Beine gehen. Hier ist der Name Programm: Während der Boogaloo-Ära Ende der sechziger Jahre waren viele Jazztempel auch Tanztempel.
Klar, Jimmy Smith klingt anders, Lonny Smith auch und Brother Jack McDuff sowieso. Aber der Keyboarder Kissenbeck hat diese Tastenheiligen mit der Muttermilch eingesogen – und das hört man. Er kann seine Hammond B3 brüllen lassen wie einen Tiger aber auch zum Schnurren bringen wie ein Kätzchen. Über einigen Stücken liegt ein leichter Modern-Jazz-Touch, andere Songs wirken Hard-Bop-inspiriert, aber auch populäre Genres, vom Rhythm’n’Blues bis zum Soul, standen Pate.
Kissenbecks Club Boogaloo gehört zu den raren Highlights der aktuellen deutschen Jazzszene. Der Saxophonist Peter Weniger arbeitete schon mit Stars wie Billy Cobham und Maceo Parker – ein gediegener Könner, der im Lyrischen wie im Opulenten zu Hause ist. Immer wieder faszinierende Akzente setzt Gitarrist Torsten Goods, der mit manchmal perlenden und manchmal aneckenden Läufen seine tadellose Akkordarbeit perfekt ergänzt. Am Schlagzeug überzeugt der funktional agierende und trotzdem variantenreiche Tobias Backhaus.
Natürlich gehen Uptempo-Stücke wie „Monsoon Dance“ oder „Berns Turns“ live ab wie Schmidt’s Katze. Aber auch kleine lyrische Miniaturen von „Blessed Bliss“ bis „Wrex’n Fry“ entwickeln sich zu unter die Haut gehenden Kabinettstückchen. Oder: Sogar ein hundsgewöhnlicher Blues wie „New York State Of Mind“ versprüht durch Torsten Goods perfekt schlampigen Gesang eine glanzvolle Aura.
„Gute Laune auf denkbar hohem Niveau!“, lobte das „Jazz-Podium“. Also: Für alle Jazzfans, denen Bewegung wichtiger als Kontemplation ist: ein wunderbares Album – und live sind die Jungs sowieso ein absolutes Muss.
Willy Theobald
Label: Enja
Foto: Andi Kissenbeck’s Club Boogaloo (v.r.): Peter Weniger (sax), Torsten Goods (git/voc), Tobias Backhaus (dr), Andi Kissenbeck (org). Foto: ©PR
Tja, Willy, sofort in die Beine gegangen ist mir jetzt nix bei der Mucke. Aber gefallen tut’s mir schon. Unsereins als Althippie (…hatte gerade „Alzhippie“ getippt – schöner Verschreiber…) denkt natürlich gleich an Brian Auger, wenn ’ne Hammond losjault (muss ja auch nicht gleich wie’n „Kätzchen schnurren“, iggitt, ich hasse Katzen – schätze allerdings B. Auger).
Übrigens gibt’s im Saarland auch einen Jazz-Keyboarder, der ganz vorzüglich orgeln kann (allerdings Farfisa oder so, glaube ich): Murat Öztürk. Was der gute Murat jetzt aber mit der Muttermilch eingesogen (?) hat, weiß ich nicht und will’s auch gar nicht wissen.
Grüße an dich und die Jungs aus Saarbrücken
P.
Hallo Peter, vielen Dank für Deine Zeilen: Jetzt könnte ich natürlich schreiben „dass Dir als Alzheimerhippie nichts in die Beine geht, ist klar …“, aber das würde lediglich unseren jahrzehntelang gewachsenen (nichtsdestotrotz herzlichen) Kommunikationsformen Rechnung tragen und nicht auf Deine inhaltlich richtigen sowie atmosphärisch schönen Ergänzungen eingehen. Du hast natürlich Recht: Brian Auger gehört auch in diese Reihe (wobei ich mir natürlich den Hinweis nicht verkneifen kann: der ist Insasse der zweiten Generation an, die von Jimmy Smith, Brother JackMcDuff etc. ihr Handwerk gelernt haben). Überigens gibt es von Auger auch ein wunderschönes Stück mit dem Titel „Black Cat“ – was Dir trotz Katzen-Phobie gut gefallen wird. Und vielen Dank für den Tipp. Den Namen Murat Öztürk habe ich notiert und werde ihn unter Beobachtung stellen. War übrigens sehr schön mit Euch in SB (nicht nur weil der FC gewonnen hat). Gruß an Gerlinde und bis demnächst: Herzliche Grüße, Willy