Maria Baptist © Anna Baptist 1038x576

Maria Baptist: Self-Portrait

Riskant, solch ein musikalisches Selbst-Portrait. Natürlich gibt jeder (wahre) Künstler mit seinem Werk ein Stück seiner Seele preis, doch wer gleich einem ganzen Album den Titel „Self-Portrait“ verpasst, der weckt beim Zuhörer nicht nur Neugier, sondern auch Erwartungen. An eine vielfältige Musiker-Persönlichkeit und eine ganz eigene Note, an Erkundungen, ja Offenbarungen des musikalischen Ichs – gerade im Jazz. Wenn Maria Baptist nun also ihr angestammtes Klaviertrio verlässt und solch einen pianistischen Seelen-Striptease hinlegt, lässt dies aufhorchen: Wie mag es wohl aussehen hinter dem unprätentiösen Äußeren der Berlinerin? Wie tief lässt sie uns in ihr Inneres blicken? Und vor allem: Was verbirgt sich dort an künstlerischer Kreativität und Einfallsreichtum?

Maria Baptist - Self-Portrait - CoverUm es kurz zu machen: Ich habe mich schlicht verliebt in dieses Selbstportrait. In ihre unendliche, oft traumversunken melancholisch gefärbte Leichtigkeit des Tasten-Seins, in einen schier endlosen Strom von Liebe und Traurigkeit, Sehnsucht und Zerbrechlichkeit, der ihren Stücken entspringt. In ihre emotional-romantischen wie lyrischen oder rhythmisch-vitalen Klang-Schöpfungen, deren freien Spiel mit dem Material die Pianistin zwar Grenzen setzt, doch deren impressionistische Farben und Sinnlichkeit einfach betören. Melodische Motive, Klangwolken, Akkorde und Rhythmen verwandeln sich da in bisweilen magische Zitate eines Lebens – ihres Lebens, das poetische Schönheit ebenso kennt wie wunderbar schlichte melodiöse Hingabe.

Dabei erfindet sie das Genre keineswegs neu, fügt mal einen Hauch von Blues und Klassik, mal ein eingängiges Popballaden-Thema oder auch Folk-Anleihen unter ihre Musik. Doch wie Maria Baptist aus diesem Allgemeingut etwas ganz Persönliches formt, jeder dieser Stimmungs-Miniaturen ein ganz eigenes Timbre verleiht und auf den Tasten ihrer Phantasie einen freien Lauf lässt, der weit über die schlichte Dreiklangsharmonik hinausgeht: Das macht aus Songs wie „Roof Garden“ oder „Blue Hour“ wahre Kleinode. Und so wünsche ich mir insgeheim, diese Kleinode mögen mir in ihrer bisweilen entrückten Intimität bald einmal in einem Konzert begegnen – ganz allein, nur mit dieser Seelenzauberin am Flügel.
Christoph Forsthoff

Foto: Anna Baptist
Label: Maria Baptist Music/Soulfoud