Der US-Amerikaner Justin Clark hat sich für ein Instrument entschieden, das bei den meisten von uns wohl nicht in den Top 30 landet, wenn es um die musikalische Erziehung der Kinder geht: die Bassposaune. Das hat – im scharfen Kontrast beispielsweise zur Trompete – den Vorteil, dass er nicht auf einen bestimmten Stil oder ein übermächtiges Vorbild festgelegt ist. So hat Clark zunächst eine steile Karriere als Orchestermusiker, Solist und Lehrstuhlinhaber in der klassischen Musiksparte hingelegt.
Was er mit seinem hinreißend musizierenden „tranzient ensemble“ veranstaltet ist kühn. Stellen Sie sich vor, in einer Musikbibliothek sei eine Bombe explodiert. Überall liegen Fetzen von Partituren aus allen Epochen der Musikgeschichte herum. Jemand hat sie aufgesammelt, legt sie auf einer leeren Fläche aus und fügt die Bruchstücke in beliebiger Reihenfolge aneinander und macht daraus seine ganz eigene Musik.
Die Elemente der verschiedenen anklingenden Musikstile sind teils Ableitungen der Vorbilder, teils neu arrangierte Originale etwa von Claudio Monteverdi oder Claude Debussy. Da hört man Renaissancechoräle, Passagen aus einem Beethoven Klavierkonzert, Mischungen aus barockem Motiv-Absequenzieren und Jazz-Improvisation und 1001 Dinge mehr.
Mit Alban Berg, dem „Meister des kleinsten Übergangs“ (Adorno), verbindet Clark die Vorliebe für spontane Szenenwechsel, sollte die Gefahr wonnigen Zuhörens durch allzu ohrenschmeichleriche Passagen überhandnehmen.
Aber keine Angst! Auch musikgeschichtlich Halb- oder Viertelgebildete kommen bei Justin Clark auf ihre Kosten: Der Bassposaunist will auf diesem Album nur vorführen, was sein Instrument alles kann. Harmonisch ist das alles nicht wirklich schräg, und die Grundstimmung ist entdeckungsfreudig, selbstironisch und heiter.
Sven Sorgenfrey
Label: Neuklang
Foto: PR/Andreas Graf
Justin Clark: Permanent Transience (Album Preview)
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