Er kann gar nicht anders. Wenn er Musik macht, dann muss er Grenzen übertreten, Hörgewohnheiten sprengen, experimentieren. Schon der Herkunft wegen. Doch wer Markus Stockhausen gerecht werden will, kann und darf ihn nicht auf seinen Vater reduzieren, die Neue-Musik-Ikone Karlheinz Stockhausen; der Sohn hat längst eigene Meriten erworben. Und gar nicht wenige, wenn man auf Preise und Veröffentlichungen schaut. Dieser Tage hat er zusammen mit dem niederländischen Metropole Orkest und deren Solisten eigene Kompositionen herausgebracht, zum Teil speziell für die Hilversumer Musiker geschrieben. Nur vier Stücke bietet die neue Scheibe, doch mehr ist nicht nötig, um eine feinsinnige, neuartige Welt zu entdecken. Stockhausen eröffnet ungewohnte Einblicke, verbindet Klassisches mit Modernem, verwebt spielerisch Jazziges mit bisher Ungehörtem, kitzelt den speziellen Tanzorchester-Klang des Metropole Orkest hervor. Das wirkt leicht und stark zugleich, das flirrt und tuscht, tiriliert und braust mit Getöse. Von „Yin“ zu „Yang“ geht die musikalische Reise, hinein in „Tanzendes Licht“, hin zu glücklichen Menschen („Felice“). Am Ende bleibt eine Stunde Erlebnis, welches in sich rund und geschlossen wirkt. Allein die Leichtigkeit fesselt, mit der Stockhausens Hörbilder entstehen: hier ein sinnlicher Einstieg, dort der pulsierende Vorstoß mit voller Orchesterstärke, an anderer Stelle lyrische Einsprengsel, ab und zu Stockhausens werbend-bezirzende Trompete und alles kombiniert mit unerwarteten Klangfarben, die sich scheinbar aus dem Nichts eröffnen. Modern und elegant wirkt das, dynamisch und neu, auch ungewohnt an mancher Stelle, doch selbst für Markus-Stockhausen-Neulinge erschließ- und genießbar. Beeindruckend ist es auf jeden Fall, wie auch der Beifall der Live-Aufnahme beweist. Einen „vieldimensionalen Kosmos aus Klängen“ verspricht die Plattenfirma in der Presseinformation – stimmt. Wer auch mal abseits von traditionellen Jazzpfaden wandeln will: Diese CD lohnt den Schritt ins Ungewohnte. Sabine Meinert