Schlagwort-Archive: Fusion

Soneros de Verdad: Un, Dos, Tres Soneros

Soneros De Verdad: Un, Dos, Tres SonerosFusion-Musik mag ja nicht jedermanns Sache sein, doch dem Sog des kubanischen Son, jener Mixtur aus den traditionellen Liedern der spanischen Kolonialherren und den Rhythmen afrokubanischer Sklaven, kann sich kaum einer entziehen. Luis Frank Arias, der Meister dieses melancholischen Stils, hat diese gefühlsgeladene Mischung nun noch um Jazz und Timba, Songo- und Danzón-Elemente erweitert – und doch pulsiert in jedem Moment hier das Lebensgefühl seiner (kubanischen) Heimat! Eben genau so, wie man es von diesen „Sängern der Wahrheit“ Soneros de Verdad: Un, Dos, Tres Soneros weiterlesen

Nigel Kennedy: Recital

Nigel Kennedy: RecitalVergessen wir einfach mal die übliche Kennedy-Verpackung: all das Gerede vom unorthodoxen Violinvirtuosen und Enfant terrible der Klassikszene, von der doch schon arg gelichteten Punkerfrisur oder seinen verbalen Ejakulationen. Dann ist diese Hommage an die Vorbilder seiner Jugend wie Stéphane Grappelli, Yehudi Menuhin oder Fats Waller ein gelungener und ziemlich entspannter Ausflug in den Jazz, der den guten alten Bach ebenso kontrastreich integriert wie zwei eigene Werke. Wo kongeniale Musiker wie Rolf Bussalb (Gitarre) Nigel Kennedy: Recital weiterlesen

msmw: In Case The World Changes Its Mind (live)

msmw - liveDa ist am Anfang dieses Publikumsgeräusch. Der besteht nicht aus höflichem Klatschen und zwei, drei Pfiffen in staubtrockener Akustik – wie man das eben von Jazzkonzerten kennt, zu denen sich die Musiker und nur unwesentlich mehr Zuhörer versammeln. Nein, es ist ein Publikumsjubel wie bei einem Rockkonzert. Es sind also eine Menge Fans und offenbar nicht die klassischen Jazzliebhaber, die mit Ende 60, als vollbärtige Oberstudienräte breitrippcordbehost und pullundert von msmw: In Case The World Changes Its Mind (live) weiterlesen

Oregon: Family Tree

Oregon - Family TreeWohl dem, der auf einen solchen musikalischen Stammbaum zurückblicken kann wie diese US-Jazzer. Nicht nur, dass die vier Herren mittlerweile seit über 40 Jahren das Genre prägen, sie haben sich auch stets zu ihren Wurzeln bekannt: Und die liegen im Klassik- und Folkbereich. Was von Anfang an neben einer Verschmelzung auch eine Offenheit gegenüber anderen Kulturen mit sich brachte – auf diesem Album verbinden sich sensible Kammermusiken mit swingenden Improvisationen und Oregon: Family Tree weiterlesen

Erik Truffaz Quartet: El Tiempo de la Revolución

Eric Truffaz Quartet - El Tiempo de la RevoluciónAuf ihrem zehnten Blue-Note-Album ist die frankoschweizerische Kapelle im stilistischen Irgendwo zwischen Ambient, Pop und Jazz angekommen. Truffaz‘ kunstvoll reduziertes Trompetenspiel kokettiert gern mal mit von Miles Davis angeregten Phrasen: So zitiert der Opener freigiebig dessen legendäres „Sketches of Spain“. Das Quartett nimmt den Zuhörer in traumgleiche Klangwelten mit, statt mit virtuosem Blendwerk verblüffen zu wollen. Über Pop-Soul-World-Rhythmen verlegt das Keyboard Erik Truffaz Quartet: El Tiempo de la Revolución weiterlesen

Jasper van’t Hof: Oeuvre

Jasper van't Hof - OeuvreWenn ein alter Haudegen wie Jasper van’t Hof ein Album „Oeuvre“ nennt, dann schwingt der Topos des musikalischen Vermächtnisses unweigerlich mit. Und das fällt beim Pili-Pili-Mann, dem Wanderer zwischen Jazz, Weltmusik und Dancefloor erstaunlich konservativ aus: In klassischer Quartettbesetzung mit Schlagzeug, E-Bass und Saxofon bleibt der Pionier synthetischer Klänge strikt beim Klavier und führt so vor, dass man sein Werk bitte schön im Kontext des traditionellen Jazz hören soll. Und den Jasper van’t Hof: Oeuvre weiterlesen

Kerberbrothers Alpenfusion: Rising Alps

Karberbrothers Alpenfusion - Rising AlpsAufruhr im Land der lila Kühe: Eine Volksmusikcombo beackert lustvoll die Musikwelt jenseits krachlederner Bierzeltzünftelei. Da wird kräftig zusammengerührt, was man freiwillig nicht zusammen denken mag: romantische Alphornidylle, ein swingender J.S.Bach, gezitherte Ländlerseligkeit, südamerikanische Rhythmen, ein Hackbrett, das sich als Orientale ausgibt, und Jodeln wie in Texas – nur eben authentisch deutsch und das alles immer schön vereint unter dem Mäntelchen von teils Kerberbrothers Alpenfusion: Rising Alps weiterlesen

Rez Abbasi’s Invocation: Suno Suno

Rez Abbasis Invocation - Suno SunoDer pakistanische Gitarrist Rez Abbasi geht mit diesem Album zu seinen Wurzeln zurück.
Dabei schöpft er aus der pakistanisch-indischen Qawwali-Musik, mixt Blues und Gospel dazu, ziseliert mit feinem Gespür Jazziges hinein. Vermeintlich Traditionelles geht subtil in Modernes über – fein verwoben, spielerisch, energiegeladen, vibrierend. Abbasis Kompositionen kommen vor allem auch durch seine brillanten Mitstreiter zur Geltung, darunter Rudresh Mahanthappa (Altsaxofon) und Johannes Weidenmüller (Bass). Sie machen nachvollziehbar, was Qawwali auch ist: spirituelle Musik, mit der sich islamische Sufis in Ekstase versetzen. Das prägt dieses aufregende, geheimnisvolle musikalische Jazzabenteuer. Suno ist in Urdu übrigens die Aufforderung zuzuhören: Hier lohnt es sich auf jeden Fall. Deshalb: Suno Suno!
Sabine Meinert (15.1.2012)

Label: Enja
Track „Nusrat“ (Youtube)

Blue Touch Paper: Stand Well Back

Blue Touch Paper - Stand Well BackZwei Jahre brauchte Colin Towns für Komposition und Aufnahmen dieser CD. Das Ergebnis ist aber alles andere als herzlos intellektuell, sondern ein kraftvoller Fusionjazz, anzusiedeln grob in der Nachfolge der Gebrüder Brecker und Verwandten. Eine druckvolle Rhythmusgruppe mit Benny Greb am Schlagzeug treibt die Musik. Synthies sorgen für eine atmosphärische Einordnung, und ja, es erklingen singende Stromgitarren. Towns setzt oft auf sich wiederholende Motive, die – mal kunstvoll verwoben, mal anarchisch überlagert – die Basis für elegische oder klamaukig-freie Improvisationen bilden. Die Stücke stehen nicht zufällig nebeneinander, sondern sind durch anspielungsreiche Überleitungen verbunden. Das macht auch beim analytischen Hören Spaß – und man möchte die Band dringend live hören. Sven Sorgenfrey (29.5.2011)

Label: Provocateur

John Scofield: A Moment’s Peace

John Scofield - A Moments Peace15 Jahre nach dem unverstärkt eingespielten Album „Quiet“ legt der Apologet des „Loud Jazz“ wieder ein Werk mit eher besinnlichen Stücken vor. Statt eines Bläserensembles wählt er diesmal seine Stromgitarre und die klassische Quartettbesetzung mit Larry Goldings an Klavier und Schweineorgel. Neben fünf eigenen Stücken macht sich Sco an Evergreens wie „I Loves You Porgy“ oder „I Will“ von den Beatles. Das ist nicht ganz ohne Risiko, denn es gilt, den sattsam bekannten Stücken neues Leben einzuhauchen. Das aber gelingt dem Meister durchweg bravourös. In „I Want to Talk about You“ präsentiert er die Essenz seiner Improvisationskunst, „Gee, Baby, Ain’t I Good to You“ kredenzt er als Destillat des bluesigen Jazz – näher hat er sich kaum je öffentlich an sein Idol B.B. King herangerobbt. Sven Sorgenfrey (22.5.2011)

Label: Emarcy/Universal

Weitere CD-Tipps zu John Scofield:
John Scofield: 54
John Scofield: Piety Street

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Jeff Lorber Fusion: Galaxy

Jeff Lorber Fusion - GalaxyDieses Album ist eine Zeitmaschine: Rein damit in den CD-Player, den Verstärker aufdrehen und zack: willkommen in den 80ern. Seinerzeit gehörte Jeff Lorber zu den Erfindern eines entspannten, funkigen Jazz. Keyboard, Gitarre und Bläser breiten mehrschichtig wiedererkennbare Melodien aus, schlenzen eckige Breaks, halsbrecherische Unisonoläufe und eingängige Improvisationen, die – in selten mehr als Popsonglänge – zügig eine Klimax erreichen. Orthodoxe Jazzspezialisten rümpfen die Nase angesichts dieser widerstandslos konsumierbaren Musik. Die größte Errungenschaft des Jeff-Lorber-Stils aber ist: Spaß! Also, Lautstärkeregler nach oben, Hände und Mundwinkel ebenfalls – und dann mit den Hüften die Eierrollbewegung der Graugans imitieren! Ein prima Gegengift gegen die Winterdepression. Sven Sorgenfrey (20.11.2011)

Label: Heads Up

Nigel Kennedy: The Four Elements

Nigel Kennedy - The Four ElementsDer Geiger mit der lustigen Frisur hat eine Art Konzeptalbum eingespielt. Darin rührt er Stereotypen von allerlei Genres zusammen. Da hummelflugt, kreislerkadenzt, rocktrommelt, chineselt, countryfiedelt und discopopsingt es lustig durcheinander. Als roter Faden dient oft eine Begleitfigur, die er stoisch totreitet. Darüber werden kaum entwickelte Melodiebrocken gelegt und gelegentlich mit Improvisiertem aufgelockert. Wenn er den Verzerrer antritt, spielt er jeden Rockgitarristen an die Wand: wahnwitzig schnelle Läufe, jaulende Glissandi, bratende Quinten. Ob dieser Budenzauber ausreicht, Gähnkrämpfe abzuwehren, muss jeder Hörer selbst ausloten. Mit seiner Punkattitüde hat Kennedy einst die greisen Eisenten in ihren Konzerthallen verschreckt – heute wirkt das allenfalls noch bemüht. Sven Sorgenfrey (9.10.2011)

Label: Sony Nu Classic

Al Di Meola: Pursuit of Radical Rhapsody

Al Di Meola - Pursuit of Radical RhapsodyNach längerer Pause kommt der Großmeister der schnellen Konzertgitarre mit einem Album um die Ecke, das deutlich komplexer gestrickt ist als alles, was man zuvor von ihm gehört hat. Mit seiner „World Sinfonia“-Band mischt er dank großer Leichtigkeit, Finesse und ungeheurem Spielspaß ein breites Spektrum unterschiedlicher Weltmusikstile mit den besseren Teilen von Fusion-Jazz. Da ist kein junger Wilder am Werk, sondern man bekommt Teilergebnisse jahrzehntelanger Spielerfahrung präsentiert. Wer genau hinhört, kann dabei viel lernen und auch beim zehnten Hören noch überraschende Details entdecken. Zumal Di Meola einen Ruf zu verteidigen hat: Es gibt kaum Gitarristen, die wie er ohne Prahlerei so wieselflink (und dabei so sauber) spielen, dass man ihm als Zuhörer kaum folgen kann. Sven Sorgenfrey (10.4.2011)

Label: Telarc

Kevin Eubanks: Zen Food

Kevin Eubanks - Zen FoodEs ist beileibe nicht leicht, seinen Lebensunterhalt mit Jazz zu verdienen. Kevin Eubanks spielte 18 lange Jahre als Gitarrist in der Kapelle von Jay Lenos „Late Show“, nach Branford Marsalis‘ Weggang leitete er die Band – und wurde als Sidekick der Show populär. Vergangenes Jahr verließ er diese Tretmühle, um sich wieder ganz seiner Musik widmen zu können. Sein erstes Album in wiedergewonnener Freiheit knüpft an seine alten Qualitäten an: Technisch makellos, leicht, funky spielt er scheinbar schwerelos selbst vertrackteste Passagen, ja, es scheint, es bringe ihm umso mehr Spaß und er werde umso entspannter, je kniffeliger die Musik wird. Dabei ist sie immer ungeheuer frisch und fröhlich, für machen vielleicht etwas zu brillant und makellos – ein wenig mehr Tiefgang wäre auch ganz schön. Sven Sorgenfrey (20.3.2011)

Label: Mack Avenue

Klazz Brothers & Cuba Percussion: Christmas Meets Cuba

KlazzBrothersChristmasMan nehme abgestandene Weihnachtslieder, füge den Melodien rhythmische Verschiebungen hinzu, lege ein paar Jazzakkorde drauf, dazu das Gerassel zweier exzellenter Perkussionisten, fertig ist die Bescherung. Da blitzt gelegentlich eine verschämte Keckheit auf, aber das war's. Es bleibt bescherungsstubentauglich. Doch je näher das Fest rückt, desto milder wird auch der Rezensent. Ist „O Tannenbaum“, gesungen von Cristin Claas, nicht doch ganz nett? Gemahnt „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ in seiner trägen Traurigkeit nicht schön an die grassierende Winterdepression? Und als Alternative zum Blockflötenchor der Grundschule ist das Album doch wirklich zu empfehlen. Nach dem wunderbaren „Se siente la Navidad“ bestelle ich zwei Cuba Libre – einen fürs Christkind und einen für mich. Sven Sorgenfrey (19.12.2010)

Label: Sony