The Bad Plus Joshua Redman (Foto: PR)

The Bad Plus Joshua Redman

Muss das Runde eigentlich immer in das Eckige? Die meisten Alben von Joshua Redman gefallen mir: auch seine Live-Auftritte. The Bad Plus, ein Trio aus Minneapolis, mag ich ebenfalls: live wie auf Platte. Äußerst gewöhnungsbedürftig erscheint mir die Kombination dieser beiden unterschiedlichen musikalischen Welten – wenn das Kantige, Eckige von Bad Plus mit dem vollen runden, manchmal auch hektischen Ton von Redman verschmolzen wird. Um eine Anleihe beim Fußball zu machen. Das Runde will anscheinend nicht in das Eckige!

Sie merken schon: ich bin etwas verunsichert, teilweise bricht mir sogar der ästhetische Angstschweiß aus!! Streckenweise erinnert mich dieses Album an den Zirkusauftritt eines schwermütigen Tanzbären („Beauty Has it Hard“), manchmal an einen wimmelnden Ameisenhaufen („Faith Through Error“) und sogar an den Übungsabend einer orientierungslosen Freizeit-Combo („Friend or Foe“).

Andererseits ringen mir Stücke wie der melancholisch mit atonalen Elementen spielende Opener „As this Moment Slips“, das sentimental minimalistisch daherkommende „The Mending“ oder das wunderschön traurig balladeske „Lack the Face but not the wine“ absolute Hochachtung ab. Aber: Reichen Erinnerungen an Tanzbären und Hochachtung aus um ein Album positiv zu bewerten? Ich befürchte: Nein!

TheBadPlusJoshuaRedman-Cover_180x180Also: Dass Bad Plus von Strawinski bis Nirwana fast alles verjazzen könne, wissen wir, dass Redman mit seinem Saxophon sehr anpassungsfähig ist, beweist er seit fast 20 Jahren: Von Pat Metheny über Eric Clapton bis zur WDR-Bigband hat der 1969 geborene Musiker mit Gott und der Welt kollaboriert – und das ging 18 Alben lang gut. Hier vermute ich aber, haben die vier Jazz- Weltenbummler musikalische Widerhaken zum Bindeglied ihres gemeinsamen Projekts erklärt – und das hakt überall. Ich weiß, die meisten Kollegen haben dieses Album überschwänglich gelobt …..

Ich jedenfalls höre jede Menge Disparates, frage mich z.B bei „Beauty Has it Hard“ (nachdem es mich lange genug genervt hat) ob das Arrangement nur einfallslos ist, die meisten Saxophonfiguren eher kunstgewerblich klingen oder der kakophonische Schluss irgend einen dramaturgischen Sinn hat. Bei „Faith Through Error“ fällt mir sofort Adornos „Wiederholung des immer Gleichen“ ein oder auch noch Marx‘ „Anarchie der Produktionskräfte“. Und bei „Friend or Foe“ frage ich mich nicht erst am Schluss, wieso ist das Stück immer noch nicht zu Ende?!

Bad Plus breiten immer wieder widerborstige Klangteppiche aus, auf denen Redman anscheinend Angst hat sich zu verirren: Dann rettet sich der Saxophonist aus Kalifornien, dessen Vater schon zu den (fast) Großen im Jazz gehörte, in kurze Phrasen, die er ständig wiederholt – so als wollte er Kurt Weill oder Hans Eisler Konkurrenz machen. Die Rhythm Section folgt brav und bedient diese Ornamente pflichtschuldig – bis man wieder in ruhiges Fahrwasser gerät, um die gleichen Mätzchen nach kurzer Zeit erneut zu wiederholen.

Also – um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen. Dass alle vier Musiker gute Handwerker sind, steht außer Frage! Ob aber die Zusammenarbeit dieser beiden recht unterschiedlichen Kulturen ein Schritt in die musikalisch richtige Richtung ist, bezweifle ich. Wer also die oben positiv bewerteten Stücke streamen kann, wird gut bedient, wer das ganze Album kauft, hat so einige Durststrecken hinter sich zu bringen!! Das Runde und das Eckige passen halt nicht immer zusammen!
Willy Theobald

Foto: PR

Video

The Bad Plus: Made Possible EPK (Vimeo)